Es bedarf vielmehr einer Zuordnung im Arbeitsvertrag. Diese Zuordnung ist wichtig, um abzugrenzen, für welche Fahrten die Entfernungspauschale abzugsfähig ist und welche Fahrten nach Reisekostengrundsätzen beurteilt werden.
Der Fall
Die Ehegatten A und B wohnten in W. A war in den Streitjahren als Bauleiter bei der Y-AG, einem international tätigen Bauunternehmen, beschäftigt. Die Y-AG unterhielt eine Niederlassung in der X-Straße in Z. Nach § 1 des Arbeitsvertrags des A war sein „Einstellungsort“ in Z. Ihm stand in den Streitjahren ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Die Y-AG berücksichtigte in ihren Lohnsteuer-Anmeldungen und den Lohnabrechnungen des A für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die sogenannte 0,03 %-Regelung. Ausgehend von einem Listenpreis des Fahrzeugs von 24.900 € und einer Entfernung von 29 km zwischen der Wohnung von A und B und der von der Y-AG in der X-Straße in Z angenommenen ersten Tätigkeitsstätte des A setzte diese insoweit einen Sachbezug in Höhe von monatlich 216,63 € an.
In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Ehegatten bei den Arbeitnehmer- Einkünften des A unter anderem Werbungskosten für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte geltend. Als Ort der ersten Tätigkeitsstätte gaben sie jeweils „Z“ an. Sie erklärten, A habe die erste Tätigkeitsstätte im Jahr 2015 an 215 Tagen, im Jahr 2016 an 209 Tagen und im Jahr 2017 an 217 Tagen aufgesucht. Außerdem machten sie Verpflegungsmehraufwendungen des A mit einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden an 178 Tagen im Jahr 2015, an 162 Tagen im Jahr 2016 und an 168 Tagen im Jahr 2017 geltend. Zum Beleg der Verpflegungsmehraufwendungen reichten sie Bescheinigungen der Y-AG ein.
Das Finanzamt (FA) erkannte die Verpflegungsmehraufwendungen für 2015 nicht an. Die Entfernungspauschale berücksichtigte das FA dagegen erklärungsgemäß für 215 Tage. Für 2016 und 2017 setzte es die Verpflegungsmehraufwendungen demgegenüber wie erklärt an, kürzte dafür aber die Entfernungspauschale auf 47 Tage (2016) beziehungsweise auf 49 Tage (2017). Mit ihren Einsprüchen machen die Ehegatten geltend, A habe in Z keine erste Tätigkeitsstätte.
Die Entscheidung
Nach Auffassung des BFH verfügte A in den Streitjahren nicht über eine erste Tätigkeitsstätte in Z. Damit sind die Fahrten von zuhause nach Z nach reisekostenrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.
Dienstwagen
Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden, erhöht sich dieser Wert gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nach Maßgabe der tatsächlichen Benutzung des Dienstwagens für solche Fahrten. Der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (sogenannte 0,03 %-Regelung) kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn und soweit der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzt. Im vorliegenden Fall war dies aber nicht der Fall. A verfügte in den Streitjahren nicht über eine erste Tätigkeitsstätte, sodass die Nutzung des ihm von der Y-AG überlassenen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von vornherein nicht in Betracht kam. Eine erste Tätigkeitsstätte ist nach der Regelung in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Allerdings war A der Niederlassung der Y-AG in Z nicht zugeordnet. A war für die Y-AG als Bauleiter tätig. Seine Tätigkeiten waren so angelegt, dass sie jedenfalls ganz überwiegend außerhalb des Gebäudes der Niederlassung in Z zu erbringen waren. Eine Zuordnung kann nach Auffassung des BFH auch nicht durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Selbst die (unzutreffende) Anwendung der sogenannten 0,03 %-Regelung führt nach Auffassung des BFH nicht zu einer entsprechenden Zuordnung.
Reisekostengrundsätze
Da A keine erste Tätigkeitsstätte hat, sind für seine Tätigkeiten außerhalb der häuslichen Wohnung die Grundsätze nach dem Reisekostenrecht anzuwenden. Neben den (tatsächlichen) Fahrtkosten steht A für diese außerhäuslichen Arbeitstage auch der Abzug von Verpflegungsmehraufwand zu.
Anmerkung
Ein Arbeitnehmer, der dem Unternehmen seines Arbeitgebers nicht zugeordnet ist und auch nicht die zeitlichen Merkmale für eine Tätigkeitsstätte am Firmensitz des Arbeitgebers erfüllt, begründet auch in seiner häuslichen Wohnung keine erste Tätigkeitsstätte. Damit kann er an den Tagen, an denen er außerhalb seiner häuslichen Wohnung tätig ist, die Grundsätze des Reisekostenrechts anwenden. Dies gilt auch für die Zeiten, in denen er am Firmensitz seines Arbeitgebers tätig ist.