RICHARD BOORBERG VERLAG

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13.05.2024

Zufluss von Zinsen bei Prolongation der Fälligkeit des Zinses aus Gesellschafterdarlehen

   

Mit Urteil vom 24.02.20221 – 6 K 720/21 – hat das Finanzgericht Nürnberg (FG) entschieden, dass in einem Fall, in dem ein zunächst zum 30.12. eines Jahres fälliges Gesellschafterdarlehen aufgrund Vertragsänderung zwischen denselben Vertragspartnern weggefallen ist, dabei aber der fällige Zinsanspruch des Gläubigers gestundet wird, die Zinsen aus dem ursprünglichen Vertrag als zugeflossen gelten.

A und B werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. A erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nichtselbstständiger Arbeit, beide Ehegatten Einkünfte aus Kapitalvermögen, Vermietungseinkünfte und Renten. A gründete mit Vertrag vom 30.12.1998 die X [S. L.]. Es handelt sich dabei um eine Kapitalgesellschaft nach spanischem Recht. Er hielt 80% der Anteile, die übrigen Anteile hielten seine beiden Kinder zur Hälfte. Die X erwarb eine Fläche und begann mit dem Bau einer Sportstätte, die 2007 in Betrieb genommen wurde. Am 31.12.2007 gewährte A der X ein Darlehen zu einem anfänglichen Zinssatz von 4,79 %. Der Darlehensvertrag ist in spanischer Sprache abgefasst. Mit notariellem Vertrag in spanischer Sprache vom 14.06.2011 wurde das Stammkapital der X erhöht und zur Auffüllung das Gesellschafter-Darlehen des A mit dem Restbetrag verwendet. Der Stand der Darlehensverbindlichkeiten der X gegenüber A war in den Jahren 2011 bis 2014 mit 0 €, der Stand der Zinsverbindlichkeiten gegenüber A in den Jahren 2010 bis 2014 mit dem rechnerisch zutreffenden Betrag in € ausgewiesen. Nach einer Betriebsprüfung u.a. für das Jahr 2011 ging das Finanzamt (FA) wegen der Verwendung des Darlehens zur Erhöhung des Stammkapitals der X im Jahr 2011 von einem Zufluss der Zinsen an A als beherrschenden Gesellschafter aus. Der Zufluss der Zinsen war Gegenstand des anschließenden Einspruchs- und Klageverfahrens.

Die Entscheidung

Das FG bestätigt in seinem Urteil die Auffassung des FA. Das FA sei zu Recht von einem Zufluss der Zinsen im Jahr 2011 ausgegangen. A habe Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt.

Allgemeines

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen alle Zinsen aus Kapitalforderungen jeder Art. Wird Kapital gegen Entgelt überlassen, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG vor.

Zufluss der Zinseinnahmen

Einnahmen aus Kapitalvermögen liegen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG vor, wenn sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen aber zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige wirtschaftlich über sie verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Hingabe eines (gedeckten) Schecks führt zum Zufluss des entsprechenden Geldbetrags.

Beherrschender Gesellschafter

Bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Zufluss eines Vermögensvorteils aber nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen. Ein beherrschender Gesellschafter hat es nämlich regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen.

Novation

Der Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag „fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll“. In einer solchen Schuldumwandlung (Novation) kann, wenn sie im Interesse des Gläubigers liegt, eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch Zahlung beglichen und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag in Erfüllung des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte. Die Novation stellt sich dann als eine bloße Verkürzung des Leistungswegs dar. Ob sich die Novation als Ausdruck der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darstellt, ist regelmäßig danach zu beurteilen, ob die Schuldumschaffung im Interesse des Gläubigers liegt. Bei der Interessenabwägung handelt es sich lediglich um ein Indiz für die wirtschaftliche Verfügungsmacht. Dieses Indiz kann für die Frage der wirtschaftlichen Verfügungsmacht dann geeignet sein, wenn sich ein überwiegendes Interesse der einen Vertragspartei deutlich feststellen lässt. So vermag ein überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Novation bestehen, wenn er im Betrieb des Schuldners eine rentable Kapitalanlage anstrebt; hingegen wird ein überwiegendes Interesse des Schuldners an der Novation zu bejahen sein, wenn er im Zeitpunkt der Novation nicht zahlungsfähig ist. Nach Auffassung des FG sei der Zins A im vorliegenden Fall aufgrund Novation zugeflossen.

Anmerkung

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der BFH mit Beschluss vom 25.10.2023 die Revision gegen das Urteil zugelassen. Die Revision wird beim BFH unter dem Az. VIII R 30/23 geführt.

Autoren:
Birgit Reindl
Quelle:
FG Nürnberg, Urteil vom 24.02.2022 – 6 K 720/21