RICHARD BOORBERG VERLAG

×

12.11.2019

Zahlungen der NATO an ISAF-Mitarbeiter

Einkommensteuer

Sind Zahlungen der NATO an einen bei der ISAF in Afghanistan beschäftigten und in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmer einkommensteuerfrei?

Der Steuerpflichtige S (geb. 1953) war Soldat im Dienst der Bundeswehr. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst war er von 2009 bis 2013 als International Civilian Consultant (ICC) bei der ISAF (International Security Assistance Force) – einer vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mandatierten Schutztruppe in Afghanistan, die unter NATO-Führung steht – tätig. Sein Gehalt für diese Tätigkeit zahlte die NATO. Der Wohnsitz des S befand sich weiterhin bei seiner Familie in Deutschland. Ursprünglich war das Finanzamt der Ansicht, dass das von der NATO gezahlte Entgelt einkommensteuerfrei sei, und zwar nach dem sog. Ottawa-Übereinkommen. Der in den Jahren 2009 bis 2011 von der NATO gezahlte Lohn wurde daher nicht der Besteuerung unterworfen. Für die Jahre 2012 und 2013 änderte das Finanzamt dann seine Meinung und setzte die Einkommensteuer unter Einbeziehung der ausländischen Einkünfte fest: Die von S aus seiner Beschäftigung bei der ISAF erzielten Bezüge seien im Inland steuerpflichtiger Arbeitslohn. Er unterliege mit sämtlichen inländischen und ausländischen Einkünften der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht, weil er seinen einzigen Wohnsitz in Deutschland innegehabt habe. Internationale Vereinbarungen stünden dieser Besteuerung nicht entgegen. Weder das NATO-Truppenstatut noch das sog. Ottawa-Übereinkommen noch das Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen noch das Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen enthalte eine Rechtsgrundlage für die von S begehrte Befreiung von der deutschen Einkommensteuer. Der Arbeitslohn, den S mit Wohnsitz in Deutschland für seine Tätigkeit bei der ISAF in Afghanistan von der NATO erhalte, sei in Deutschland einkommensteuerpflichtig. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz Recht.

Quelle:
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.7.2019, Az. 5 K 1077/17