Witwe W wurde 1974 geboren. Im Streitjahr 0 0 wurde sie zur Einkommensteuer veranlagt und erzielte neben Einkünften aus Gewerbebetrieb sonstige Einkünfte aus einer inländischen Witwenrente i.H.v. 5.699 €. Im Einkommensteuerbescheid 0 0 vom 04.0 . 0 wurde die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Berücksichtigung eines steuerpflichtigen Teils der von der W bezogenen Rente i.H.v. 4.445 € (Besteuerungsanteil von 78 %) auf .963 € festgesetzt. Der Bescheid wurde verfahrensrechtlich mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen (§ 165 Abs. 1 Satz Nr. 3 Abgabenordnung – AO). W legte gegen den Bescheid Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Im Hinblick auf die Witwenrente machte sie geltend, dass deren Besteuerung mit einem Besteuerungsanteil i.H.v. 78% zu einer verbotenen Doppelbesteuerung führe, da die Altersvorsorgebeiträge ihres verstorbenen Ehegatten nur zu 50% steuerbegünstigt abziehbar gewesen seien. Mangels anderweitiger Rechtsnorm dürfe die Rente daher überhaupt nicht besteuert werden. Das Finanzamt folgte dem Einspruch jedoch nicht. W klagte daher vor dem Hessischen Finanzgericht. Dabei bezog sie sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), in dem dieser eine mögliche Doppelbesteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung für grundsätzlich möglich erachtet hatte.2
Die Entscheidung
Das Finanzgericht sah die Anwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur verfassungsrechtlich unzulässigen doppelten Besteuerung von Renten als nicht auf den Fall der Witwenrente der W anwendbar an.
Anwendbarkeit der BFH-Rechtsprechung zur doppelten Besteuerung von Renten
Das Finanzgericht prüfte zunächst die Frage, ob die Grundsätze des von der W zitierten BFH-Urteils vom 19.05.2021 – X R 33/19 im Streitfall überhaupt anwendbar waren. Es gelangte zu der Auffassung, dass der Fall der W sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht grundverschieden zu dem vor dem BFH verhandelten Sachverhalt ist. Denn in der Entscheidung des BFH sei es um die Prüfung gegangen, ob beim dortigen Kläger selbst eine doppelte Besteuerung eingetreten war. Dieser hatte zuvor über Jahrzehnte eigene Beiträge zur eigenen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Dahingegen seien die Beiträge, die zu der von der W im Streit jahr bezogenen Witwenrente führten, gerade nicht von der W entrichtet worden, sondern vielmehr von ihrem verstorbenen Ehemann.
Mit anderen Worten handele es sich insoweit um (aus Sicht der W) fremde Altersvorsorgeaufwendungen, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der W mithin nie berührt hätten, sondern allein jene ihres verstorbenen Ehemanns. Die insoweit entrichteten Altersvorsorgeaufwendungen beträfen daher gerade nicht die Besteuerung der W, sondern vielmehr allein die Besteuerung ihres verstorbenen Ehemanns. Aus diesem Grund scheide eine Berufung der W auf das Verbot einer doppelten Besteuerung schon dem Grunde nach aus. Denn ihre eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei durch die von ihrem verstorbenen Ehemann entrichteten Beiträge nie berührt worden. Letztlich habe mit Blick auf die von der W bezogenen Witwenrente auch faktisch schon überhaupt keine doppelte Besteuerung im vorgenannten Sinne vorgelegen.
Vor diesem Hintergrund sei die Behauptung einer etwaigen Doppelbesteuerung seitens der W unschlüssig. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts erschienen dem Finanzgericht damit nicht einmal möglich. Der W fehle mithin bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
1 FG Hessen, Bechluss vom 02.03.2023 – 11 V 870/22.
2 BFH, Urteil vom 19.05.2021 – X R 33/19 (BFH/NV 2021, 992).