RICHARD BOORBERG VERLAG

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10.07.2023

Werbungskostenabzug für Zweitwohnungssteuer bei doppelter Haushaltsführung

   

Das Finanzgericht München hatte kürzlich zu entscheiden, ob die Zweitwohnungssteuer für eine Zweitwohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes (steuerlich: „erste Tätigkeitsstätte“) im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung zu den Unterkunftskosten zählt. Denn Unterkunftskosten sind im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nur bis zu einem monatlichen Höchstbetrag von 1.000 € steuerlich als Werbungskosten anzuerkennen.

Die ledige B erzielte in den Streitjahren 2018 und 2019 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Beamtin einer Behörde in München. Ihren Haupthausstand und Lebensmittelpunkt hatte sie unstreitig in einer Gemeinde in weiterer Entfernung zu München. Seit dem Jahr 2012 hatte B in München eine Wohnung angemietet.

Bis Anfang 2019 bewohnte sie eine Zweizimmerwohnung in München für eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 830 €. Am 01.03.2019 bezog sie eine andere Wohnung in München, die sie für eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 1.120 € angemietet hatte. In der Einkommensteuererklärung für 2018 machte B bei den Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit Aufwendungen für die Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in Höhe von 12.480 € sowie eine Zweitwohnungssteuer der Landeshauptstadt München in Höhe von 896 € bei den sonstigen Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. In der Einkommensteuererklärung für 2019 begehrte sie neben den Kosten für die Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in Höhe von 15.880 € ebenfalls die Berücksichtigung einer Zweitwohnungssteuer in Höhe von 1.157 € im Rahmen der doppelten Haushaltsführung bei den sonstigen Aufwendungen. Das Finanzamt erkannte in den Einkommensteuerbescheiden für 2018 und 2019 die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in München jeweils mit dem gesetzlichen Höchstbetrag von 12.000 € an. Die Zweitwohnungssteuer bei den sonstigen Aufwendungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung berücksichtigte es nicht, da diese nach seiner Rechtsauffassung zu den Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte gehören und diese Aufwendungen nur mit einem Höchstbetrag von 1.000 € monatlich berücksichtigungsfähig seien. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren klagte B daraufhin vor dem Finanzgericht München.

Die Entscheidung

Das Finanzgericht sah die Klage der B als begründet an. Die Zweitwohnungssteuer gehöre nicht zu den „Unterkunftskosten“ im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie sei im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung daher zusätzlich zu dem Höchstbetrag von 1.000 € monatlich als Werbungskosten abziehbar.

Werbungskostenabzug bei doppelter Haushaltsführung

Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen stellen Werbungskosten dar (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Auch die notwendigen Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind bei beruflicher Veranlassung Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG). Eine doppelte Haushaltsführung liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Die Aufwendungen können jedoch nicht in unbegrenzter Höhe als Werbungskosten abgezogen werden.

Vielmehr limitiert das Gesetz den Abzug von Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland auf die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, höchstens jedoch 1.000 € im Monat. Im Fall der B lag unstreitig eine doppelte Haushaltsführung dem Grunde nach vor. Fraglich war jedoch, ob die Zweitwohnungssteuer zu den Unterkunftskosten zählt und damit in den monatlichen Höchstbetrag von 1.000 € einzubeziehen war.

Begriff der Unterkunftskosten

Das Finanzgericht stellte zunächst die Auffassung der Finanzverwaltung zum Begriff der Unterhaltskosten dar. Danach umfasse der Höchstbetrag für die Unterhaltskosten sämtliche entstehenden Aufwendungen wie Miete, Betriebskosten, Kosten der laufenden Reinigung und Pflege der Zweitwohnung, Rundfunkbeitrag, Miet- und Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, Aufwendungen für die Sondernutzung des Gartens sowie für die Zweitwohnungssteuer, soweit die Kosten vom Arbeitnehmer selbst getragen werden.

In der Fachliteratur sei diese Auffassung jedoch umstritten. Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Zweitwohnungssteuer bei den Unterkunftskosten liege jedoch nicht vor. Das Finanzgericht stellte deshalb auf die Gesetzesbegründung zu 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG ab. Der im Gesetz normierte Betrag von monatlich 1.000 € habe nach dem Willen des Gesetzgebers „alle für die Unterkunft oder Wohnung entstehenden Aufwendungen: z.B. Miete inklusive Betriebskosten, Miet- und Pachtgebühren für Kfz-Stellplätze, auch in Tiefgaragen, Aufwendungen für Sondernutzung (wie Garten etc.), die vom Arbeitnehmer selbst getragen werden” umfassen sollen. Bei der Normierung des Höchstbetrags, bis zu dem die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen unterstellt werde, habe der Gesetzgeber nach Ansicht des Finanzgerichts allein die reinen Miet- und Betriebskostenaufwendungen für die Unterkunft im Auge gehabt. Auch aus dem Wort „Unterkunftskosten” ergebe sich, dass nur die unmittelbaren Kosten für die Unterkunft, also die Kaltmiete zuzüglich der Betriebskosten, von dem Höchstbetrag in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG umfasst sein sollten.

Mittelbar oder gelegentlich im Zusammenhang mit der Anmietung einer Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte entstehende Aufwendungen – wie die Zweitwohnungssteuer – gehörten damit nicht zu den Unterkunftskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG und damit nicht zu dem Höchstbetrag von 1.000 €monatlich.

Anmerkung

Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Diese wird dort unter dem Aktenzeichen VI R 30/21 geführt.

 

Autoren:
Christian Kubik
Birgit Reindl
Quelle:
FG München, Urteil vom 26.11.2021 – 8 K 2143/21