RICHARD BOORBERG VERLAG

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13.01.2025

Wann liegt ein Neubau im Sinne der neuen Gebäudeabschreibung vor?

   

Die neue degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5a EStG ist nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich auf Gebäude anzuwenden, die Wohnzwecken dienen, wenn mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wurde.

Als Beginn der Herstellung gilt das Datum in der nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften einzureichenden Baubeginnsanzeige. Sollten landesrechtlich im Einzelfall keine Baubeginnsanzeigen vorgeschrieben sein, hat der Steuerpflichtige zu erklären, dass er den Baubeginn gegenüber der zuständigen Baubehörde freiwillig angezeigt hat. Im Fall der Anschaffung ist die Inanspruchnahme der degressiven AfA dann möglich, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird. Damit auch in Fällen der Anschaffung nur neue Gebäude von der Regelung umfasst werden, muss der Steuerpflichtige das Gebäude zudem bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung anschaffen. Ein Gebäude ist grundsätzlich fertiggestellt, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Der Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes ist der Zeitpunkt der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht (Übergang Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten).

Allgemeines

Für die Inanspruchnahme der degressiven Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 5a EStG im Fall der Anschaffung muss also einerseits der Vertragsabschluss nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 erfolgen und andererseits die Fertigstellung sowie die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gebäudes in einem Kalenderjahr liegen. Aus dem Umstand, dass für den Anschaffungsfall die gleichen gesetzlichen Fristen gelten wie für den Herstellungsfall, lässt sich folgern, dass der Gesetzgeber Anschaffungs- und Herstellungsfälle gleichbehandelt wissen wollte.

Wenn also auch ein Anschaffungsfall, bei dem der obligatorische Vertrag am 01.10.2023 rechtswirksam geschlossen wurde, begünstigt sein soll, dann schließt dies notwendigerweise auch Fälle ein, bei denen mit der Herstellung vor dem 01.10.2023 begonnen wurde. Der Gesetzeszweck, dass nur neue Gebäude von der Regelung erfasst werden, wird schon durch die Regelung bewirkt, dass die Anschaffung im Jahr der Fertigstellung erfolgt sein muss.

Daneben hat der Steuerpflichtige in Anschaffungsfällen über die Voraussetzung des anzuzeigenden Baubeginns regelmäßig keine vertiefte Kenntnis bzw. diese nur unter erhöhtem Aufwand oder gar nicht nachweisen können, da die Einreichung der Baubeginnsanzeige nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften grundsätzlich nicht in seinem Einfluss- und Wissensbereich liegt. Unsicherheit besteht bei der Frage, ob die degressive Gebäude-AfA in Anschaffungsfäl len auch dann in Anspruch genommen werden kann, wenn zwar der obligatorische Vertrag nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wurde, mit dem Bau des Gebäudes aber bereits vor dem 01.10.2023 begonnen wurde, das Gebäude aber – wie erforderlich – vor Ablauf des Jahres der Fertigstellung angeschafft wurde. Es geht also um die Frage, ob der Baubeginn und der Abschluss des obligatorischen Vertrags in Anschaffungsfällen kumulativ oder alternativ nach dem 30. September 2023 vorliegen müssen.

Anschaffung eines Neubaus

Gemäß § 7 Abs. 5a EStG kann die Absetzung für Abnutzung in fallenden Jahresbeträgen erfolgen, „wenn mit der Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wurde oder die Anschaffung auf Grund eines nach dem 30. September 2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags erfolgt.“

Das Wort „oder“ stellt dabei klar, dass es sich um zwei unterschiedliche Sachverhalte handelt: Den Herstellungs- und den Anschaffungssachverhalt. Bei einem Anschaffungsfall kommt es nach dem Gesetzeswortlaut daher nur darauf an, dass der obligatorische Vertrag nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wurde und dass das Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wurde. Wann im Anschaffungsfall der Baubeginn und die Fertigstellung liegen muss, ist hingegen gesetzlich nicht normiert.

Wenn sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Inanspruchnahme der degressiven Afa nach § 7 Abs. 5a EStG in Anschaffungsfällen daher auch möglich, wenn mit dem Bau bereits vor dem 1. Oktober 2023 begonnen wurde. In folgendem Fall kann daher die neu degressive Gebäude-AfA in Anspruch genommen werden:

– Baubeginn: 31.10.2021

– Rechtswirksam abgeschlossener obligatorischer Anschaffungsvertrag: 15.10.2023

– Fertigstellung: 31.10.2023 und Besitzübergabe spätestens am 31.12.2021

Autoren:
Birgit Reindl
Quelle:
§ 7 Abs. 5a EStG