RICHARD BOORBERG VERLAG

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04.03.2024

Verzinsung der Erstattungsansprüche bei zu hohen Zoll-Einfuhrabgaben

   

Legt die nationale Zollbehörde einen Zollkodex falsch aus und werden deshalb zu hohe Einfuhrabgaben erhoben, sind die Rückzahlungsansprüche des Importeurs zu verzinsen. Es besteht aber kein Anspruch auf Zinseszinsen und Verzugszinsen.

M importiert und vertreibt Videoproduktionstechnik, insbesondere Videoaufzeichnungsmonitore (nachfolgend: Monitore).M meldete am 03.03.2014 unter anderem verschiedene Monitormodelle zum freien Verkehr unter der Tarifnummer „X“ an. Bei einer umfassenden Beschaffenheitsbeschau („volle Gesamtbeschau“) anlässlich der Einfuhr stellte sich heraus, dass Monitore mit der Handelsbezeichnung „A“ der Sendung beigefügt, aber nicht angemeldet waren. Daraufhin setzte die Zollbehörde entsprechende Einfuhrabgaben (Zoll) fest. M legte Einspruch ein und beantragte die Erstattung der Einfuhrabgaben, weil die streitigen Monitore aus ihrer Sicht in eine zollfreie KN-Unterposition einzureihen seien. Nach einer weiteren Prüfung wurden die Monitore aber in einer verbindlichen Auskunft erneut in eine zollpflichtige Kategorie eingereiht. Auch dagegen legte M Einspruch ein. Ferner machte M gegenüber dem Beklagten der Finanzverwaltung Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem auf die Zahlung jeweils folgenden Tag aufgrund „des allgemeinen europarechtlichen Zinsanspruchs und analog § 288 Abs. 2 BGB“ geltend.

Nach einem Erörterungstermin wurden die Waren als Monitore in eine zollfreie Unterposition eingereiht. Die Finanzverwaltung erstattete der M daraufhin die gezahlten Einfuhrzölle zurück, lehnte aber die Zahlung der Zinsen ab. Zu Unrecht – wie das erstinstanzliche Finanzgericht entschied. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

Anspruch auf Verzinsung besteht

M steht eine Verzinsung nach EU-Recht zu. Die Verzinsung von Erstattungsansprüchen sind national in den §§ 233 ff. Abgabenordnung (AO) abschließend geregelt. Diese er möglichen neben nationalen Zinsregelungen auch eine Verzinsung von Erstattungsansprüchen nach EU-Recht. Zoll-Kodex dient der stetigen Gleichbehandlung Der Unionszollkodex, der in der Europäischen Union (EU) gilt, bestimmt, welche Zölle für welche Produkte oder Waren gelten. Diese sind bindend. Sie wirken unmittelbar. Somit ist sichergestellt, dass Zollfragen in der ganzen EU gleich behandelt werden. Sollten einzelstaatliche Zollvorschriften vom EU-Zollkodex abweichen, sind sie unanwendbar. Werden Einfuhrabgaben zu Unrecht festgesetzt, sind die Rückforderungsansprüche zu verzinsen. Seit 2022 ist diese Rechtsauffassung auch auf jegliche Fehler in der Rechtsanwendung ausgeweitet worden.

Kein Anspruch auf Verzugszinsen

Ein Anspruch auf Festsetzung von Verzugszinsen ist unbegründet. Die Verzinsung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ist durch die §§ 233 ff. AO abschließend geregelt. Danach werden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur verzinst, soweit dies durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union vorgeschrieben ist (Artikel 97 § 15 Abs. 13 Einführungsgesetz zur AbgabenordnungEGAO). Die speziell in § 236 Abs. 1 S. 1 AO genannten Prozesszinsen beziehen sich ausschließlich auf eine festgesetzte Steuer oder aber eine Steuervergütung. Steuerliche Nebenleistungen im Sinne des § 3 Abs. 4 AO sind hiervon nicht umfasst. Damit scheidet eine Verzinsung von (Nachzahlungs-)Zinsen aus.

Autoren:
Claudia Ossola-Haring
Quelle:
FG Hessen, Urteil vom 31.05.2023 – 7 K 998/20