RICHARD BOORBERG VERLAG

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12.12.2022

Verzicht auf Privatliquidationsrecht

   

Liegt eine steuerpflichtige Verzichtsleistung vor, wenn ein Chefarzt gegenüber der Klinik, an der er tätig ist, auf das ihm eingeräumte Recht zur Privatliquidation gegen Ausgleichszahlungen verzichtet?

P war als Professor der Medizin an der U-Universität beschäftigt. Zudem war er als Direktor der K-Klinik tätig. Aufgrund einer ihm nach der Hochschulnebentätigkeitsverordnung (HNtVO) als „Altvertragler“ erteilten beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsgenehmigung war er berechtigt, Patienten privat zu behandeln und hierfür zu liquidieren. Dabei durfte er Einrichtungen, Material und Personal des K-Klinikums gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Anspruch nehmen.

Im Rahmen einer Änderung der HNtVO und im Zug von Umstrukturierungen bei der Behandlung von Privatpatienten wurde für „Altvertragler“ folgende Besitzstandsregelung getroffen: „Personen, die aufgrund ihres Dienstverhältnisses zum K-Klinikum das Liquidationsrecht für die Behandlung von Privatpatienten haben, behalten dieses Recht bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Landesdienst.“ P erzielte durch die Ausübung seines Nebentätigkeitsrechts Einkünfte aus freiberuflicher ärztlicher Tätigkeit, die vom Finanzamt als umsatzsteuerfrei behandelt wurden.

P verzichtete in der Folge auf die Leitung der K-Klinik sowie auf das ihm eingeräumte Recht zur Privatliquidation für die Behandlung ambulanter und/oder stationärer Privatpatienten und Selbstzahler. Die K-Klinik zahlte an P als Ausgleich für den Verzicht auf das Recht zur Privatliquidation bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand monatlich einen bestimmten Betrag. P ging davon aus, dass es sich bei den aufgrund dieser Vereinbarung in den Jahren 2013 bis 2015 gezahlten Beträgen um nicht umsatzsteuerbare Entschädigungen/Abfindungen für den Wegfall seiner Einkünfte aus freiberuflicher chefärztlicher Tätigkeit handele.

Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass eine umsatzsteuerbare Verzichtsleistung vorliege, wenn ein Chefarzt gegenüber dem Träger der Klinik, an der er tätig sei, auf das ihm durch die Klinik eingeräumte Recht zur Privatliquidation gegen monatliche Ausgleichszahlungen, die der Klinikträger leiste, um auch insoweit selbst gegenüber Privatversicherten abrechnen zu können, verzichte.

Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Autoren:
Markus Preu
Quelle:
BFH-Urteil vom 30.6.2022, Az. V R 36/20