Ein Zweckbetrieb ist der Teil einer gemeinnützig tätigen Körperschaft, also beispielsweise eines Vereins oder einer Kapitalgesellschaft, der wirtschaftlich ausgerichtet ist. Der Zweckbetrieb ist ertragsteuerlich dahingehend begünstigt, dass – unabhängig von der Höhe des erwirtschafteten Gewinns – keine Steuern erhoben werden. Des Weiteren sind Umsätze eines Zweckbetriebs oft von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Umsatzsteuergesetz/ UStG) oder nur ermäßigt besteuert (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG).
Nach § 65 AO ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn erstens der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, zweitens die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und drittens der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (Hervorhebung durch die Redaktion).
Der Fall
U ist die Klägerin. B ist Beigeladener. U verkauft Waren für blinde und sehbehinderte Menschen. Sie hatte sich mit einer Konkurrentenklage (§ 65 Nr. 3 AO) gegen die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die durch B erbrachten Leistungen gewandt. B ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der als Selbsthilfeorganisation die Interessen von blinden und stark sehbehinderten Menschen vertritt. In diesem Zusammenhang verkaufte B – ebenso wie U – Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen über ein Ladengeschäft, auf Messen und über das Internet.
Seitens des Finanzamts wurden die Umsätze von B gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG als Leistungen einer Körperschaft, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Rahmen eines Zweckbetriebs verfolgt, mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert. Das erstinstanzliche Finanzgericht bestätigte diese Einordnung, da zu den steuerlich begünstigten Zweckbetrieben gemäß § 68 AO unter anderem Einrichtungen gehören, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen unterhalten werden. Die Revision war für U erfolgreich.
Verkennung der Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb
Das erstinstanzliche Urteil war aufzuheben, weil es die Konkurrentenklage der U zu Un recht als unbegründet abgewiesen hatte. Die erste Instanz hat die Anforderungen an einen begünstigten Zweckbetrieb verkannt und deshalb die Leistungen des Beigeladenen zu Unrecht als umsatzsteuerbegünstigt beurteilt. Zweckbetriebe sind auch Einrichtungen, die zur Durchführung der Fürsorge für blinde Menschen, zur Durchführung der Fürsorge für körperbehinderte Menschen und zur Durchführung der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen beziehungsweise Behinderungen unterhalten werden (§ 68 Nr. 4 AO).
Eine Blindenfürsorge in diesem Sinn kann vorliegen, wenn beispielsweise neu erblindeten Personen neben einer reinen Produktberatung weitere – fürsorgeorientierte – Hilfestellungen gegeben werden, oder wenn Verkaufstätigkeiten im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Kursangebot zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit stehen.
Der bloße Verkauf von Blindenhilfsmitteln ist dagegen nicht begünstigt, wenn er lediglich mit einer allgemein im Fachhandel üblichen, produkt- und anwendungsbezogenen Beratung einhergeht. Ob das der Fall ist, muss das FG nun im zweiten Rechtsgang klären.