RICHARD BOORBERG VERLAG

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28.08.2023

Update zum Jahressteuergesetz 2022: Abschreibung bei Wohngebäuden

   

Der lineare AfA-Satz wird für Wohngebäude, die nach dem 31.12.2022 fertig gestellt werden, von 2% auf 3 % angehoben (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Die aus dem Ansatz des höheren pauschalen AfA-Satzes resultierende kürzere Abschreibungsdauer von 33 Jahren hat aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der tatsächlichen Nutzungsdauer von Wohngebäuden. Diese wird regelmäßig auch mehr als 50 Jahre betragen.

Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau (§ 7b EStG)

Für die Sonder-AfA galten bislang folgende Regelungen:

– Die Wohnung musste aufgrund eines nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden.

– Die Wohnung muss für zehn Jahre zu Wohnzwecken vermietet werden.

– Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten durften 3.000 € je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen (Baukostenobergrenze).

– Die Bemessungsgrundlage war auf maximal 2.000 € je Quadratmeter Wohnfläche begrenzt.

– Der Gesetzeswortlaut in § 7b Abs. 5 EstG macht die Begünstigung durch die Vorschrift von weiteren Voraussetzungen abhängig, die einen europarechtlichen Bezug aufweisen. Der sog. Beihilfehöchstbetrag nach der De-minimis-Verordnung ist einzuhalten. Werden Beihilfen auf der Grundlage der De-minimis-Verordnung ausgegeben, so darf der Gesamtbetrag der gewährten De-minimis-Beihilfen – unabhängig davon, aus welchen Förderprogrammen diese gewährt worden sind – in einem Zeitraum von drei Veranlagungszeiträumen die Summe von 200.000 € nicht übersteigen (Art. 3 Abs. 2 De-minimis-Verordnung; sog. Beihilfehöchstbetrag).

Neuregelungen

Die Sonderabschreibung für die Herstellung neuer Mietwohnungen nach § 7b EStG soll auch weiterhin Anreize für den Bau von Mietwohnungen setzen.

– Neuer Begünstigungszeitraum Die Sonder-AfA kann nun auch für Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung in Anspruch genommen werden, für die der Bauantrag nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2027 und damit in den Jahren 2023 bis 2026 gestellt oder die Bauanzeige in diesem Zeitraum eingereicht wird.

Hinweis

Der bisherige Anwendungsbereich des § 7b EStG erfasst nur noch solche neuen Wohnungen, für die der Bauantrag oder die Bauanzeige vor dem 01.01.2022 gestellt wurde. Somit sind neue Wohnungen, die aufgrund eines Bauantrages oder einer Bauanzeige im Jahr 2022 hergestellt werden, vom Anwendungsbereich des § 7b EStG ausgeschlossen.

– Erhöhung der Baukostenobergrenze (Kappungsgrenze) Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dürfen bei Wohnungen, die aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2027 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden, 4.800 € je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen.

– Erhöhung der Bemessungsgrundlage

Für Wohnungen, die aufgrund eines nach dem 31.12.2022 und vor dem 01.01.2027 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellt werden, wird die AfA-Bemessungsgrundlage auf maximal 2.500 € je Quadratmeter Wohnfläche begrenzt.

– Beihilfehöchstbetrag

Der sog. Beihilfehöchstbetrag nach der De-minimis-Verordnung ist nur noch von Anspruchsberechtigten mit Einkünften nach §§ 13, 15 und 18 EStG einzuhalten. Werden Beihilfen auf der Grundlage der De-minimis-Verordnung ausgegeben, so darf der Gesamtbetrag der gewährten Deminimis-Beihilfen – unabhängig davon, aus welchen Förderprogrammen diese gewährt worden sind – in einem Zeitraum von drei Veranlagungszeiträumen die Summe von 200.000 € nicht übersteigen (Art. 3 Abs. 2 De-minimis-Verordnung; sog. Beihilfehöchstbetrag).

– „Effizienzhaus 40“

Zusätzlich zu den bisherigen Voraussetzungen muss der Neubau die Voraussetzungen des „Effizienzhaus 40 mit Nachhaltigkeitsklasse“ erfüllen.

De-minimis-Beihilfen

Beihilfen i.S.d. De-minimis-Verordnung können auch aus anderen Bereichen stammen. Sie sind anzugeben und werden auf den Beihilfehöchstwert angerechnet. Insbesondere Landwirte und Fuhrunternehmer erhalten des öfteren Förderungen, die De-minimis-relevant sein können! Regelmäßig hat der Steuerpflichtige hierüber einen Beihilfebescheid erhalten, aus dem sich die nötigen Daten und Werte ergeben.

Bei Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines potenziellen § 7b EStG-Objekts – sofern keine anderen De-minimis-Beihilfen gewährt wurden – von rund 4.000.000 € wird nach der dargestellten Faustregel mit einem angenommenen Steuersatz von 30%der Beihilfehöchstwert noch nicht überschritten. Damit dürften sehr viele Investitionen in der Praxis – trotz § 7b Abs. 5 EStG – „funktionieren“.

Hinweis

Sowohl die Corona-Soforthilfen als auch die Überbrückungshilfen werden in der Regel nach einem EU-weit abgestimmten, befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft aufgrund der Corona- Pandemie ausgereicht (sog. Geänderte Bundesregelung Kleinbeihilfen). Hiernach können Fördermittel (bis 800.000 € je Unternehmen) gewährt werden. Es sind Beihilfen in Form von direkten Zuschüssen oder Steuervorteilen, Beihilfen in Form von subventionierten Garantien für Bankdarlehen und Beihilfen in Form von Zinszuschüssen begünstigt. Diese sollen sich nicht negativ auf den Beihilfehöchstwert nach der De-minimis- Verordnung auswirken (vgl. auch Tz 4.16 der FAQ Überbrückungshilfe; abrufbar unter www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen. de). Entsprechendes gilt wohl z.B. für die Stabilisierungshilfe Corona für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg.

Abschlussbeispiel

V schaffte im Jahr 2007 ein Mehrfamilienhaus für 600.000 € (Gebäudeanteil) an und nahm seither zutreffend AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG mit 2%vor.

2023 baut V (Bauantrag vom April 2023) das Dachgeschoss des vermieteten Mehrfamilienhauses aus. Hierfür entstehen ihr Aufwendungen von 95.000 € (inklusive DG-Altbausubstanzanteil von 15.000 €).

V fasst den neu entstandenen Wohnraum (35 m2) mit der darunterliegenden Wohnung zu einer Maisonette-Wohnung zusammen. V errichtet im Dachgeschoss eine separate Ein-Zimmer-Wohnung (35m2) mit offener Küche und einem neuen kleinen Badezimmer (bezugsfertig September 2023). Das Gebäude erfüllt das Kriterium eines Effizienzhauses 40 mit Nachhaltigkeitsklasse.

a) Eine Förderung des Dachgeschossausbaus nach § 7b EStG ist nicht möglich, da der neu geschaffene Wohnraum nicht den Wohnungsbegriff nach § 181 Abs. 9 BewG erfüllt. Die Aufwendungen von 80.000 € (= 95.000 € – 15.000 € Altbausubstanzanteil) erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 4 EStG. Die nachträglichen Herstellungskosten aufgrund der Schaffung neuer Wohn- bzw. Nutzfläche sind so zu berücksichtigen, als wären sie zum Jahresbeginn angefallen (R 7.4 Abs. 9 Satz 3 EStR). AfA im Jahr 2023:

Ursprüngliche Anschaffungskosten                        600.000 €

Nachträgliche Herstellungskosten                           80.000 €

Summe                                                                   680.000 €

davon 2%                                                                 13.600 €

b) Die Voraussetzungen der Sonderabschreibung nach § 7b EStG sind jedenfalls insoweit erfüllt, als V mit dem neu geschaffenen Wohnraum den Wohnungsbegriff nach § 181 Abs. 9 BewG erfüllt. Die Sonderabschreibung beträgt bis zu 5%. Daneben wird die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von der Bemessungsgrundlage wie in Lösung a) gewährt. Es ergeben sich folgende Beträge:

Sonderabschreibung:

nachträgliche Herstellungskosten                             95.000 €

BMG für § 7b EStG(2.500 € × 35 m2 =)                    87.500 €

Sonderabschreibung 5% (nicht zeitanteilig)                4.375 €

Lineare AfA

Ursprüngliche Anschaffungskosten                        600.000 €

Nachträgliche Herstellungskosten                           80.000 €

Summe                                                                   680.000 €

davon 2%                                                                  13.600 €

V kann im Jahr 2023 insgesamt 17.975 € AfA als Werbungskosten in Anspruch nehmen.

Hinweis

V erzielt Vermietungseinkünfte nach § 21 EStG. Die Regelungen zum Beihilferecht kommen nicht zur Anwendung.

Autoren:
Christian Kubik
Birgit Reindl
Quelle:
Jahressteuergesetz 2022