RICHARD BOORBERG VERLAG

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22.11.2019

Unionsrechtliche Steuerbefreiung für Verfahrensbeistand

Umsatzsteuer

Kann sich ein gerichtlich bestellter Verfahrensbeistand auf die unionsrechtliche Umsatzsteuerbefreiung berufen?

Die Steuerpflichtige S, eine Diplom-Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Systemische Beraterin, betreibt seit 2003 eine eigene Praxis. Im Jahr 2013 erbrachte sie u. a. Leistungen als Verfahrensbeistand. In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 2. Quartal 2013 beantragte S für ihre Ausgangsumsätze die Umsatzsteuerfreiheit nach Unionsrecht: Die Tätigkeit als Verfahrensbeistand sei nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei. Ein gerichtlich bestellter Verfahrensbeistand könne sich auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung berufen. Der Verfahrensbeistand werde in für das Kind existenziellen Verfahren tätig, die den Kernbereich der staatlichen Schutzpflicht beträfen. Damit erfülle der Verfahrensbeistand eine staatlich begründete Schutzverpflichtung für Kinder, seine Tätigkeit sei mithin Ausfluss einer sozialen Fürsorgeverpflichtung. Das Finanzamt ging im Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2013 dagegen von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen aus: Die Leistungen der S seien weder nach nationalem Umsatzsteuerrecht noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei. S erbringe mit ihrer Tätigkeit als Verfahrensbeistand keine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen, da sie lediglich in Gerichtsverfahren auftrete und dort die Interessen der betroffenen Kinder zur Geltung bringe. Eine umfassende Personen- oder Vermögenssorge werde hingegen nicht wahrgenommen. S bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Quelle:
BFH-Urteil vom 17.7.2019, Az. V R 27/17