RICHARD BOORBERG VERLAG

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05.09.2022

Umsatzsteuer bei ästhetisch-plastischer Chirurgie

   

Sind ärztliche Heilbehandlungen auch dann umsatzsteuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden, die ihrerseits nicht vollständig umsatzsteuerbefreit sind?

Die G-GmbH erbringt durch ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter, den Arzt Dr. D, Leistungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie. Die G-GmbH behandelte im Jahr 2009 alle von ihr erzielten Umsätze als von der Umsatzsteuer befreit.

Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass nicht sämtliche Umsätze aus der Tätigkeit eines Arztes von der Umsatzsteuer befreit seien, sondern dass die Steuerbefreiung nur für Umsätze aus Tätigkeiten eingreife, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und – soweit möglich – der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen ausgeführt würden. Diesen Nachweis einer entsprechenden medizinischen Indikation ihrer Behandlungen habe die G-GmbH nicht ausreichend erbracht. Daher ging das Finanzamt von teilweise nicht medizinisch indizierten Behandlungen aus, behandelte im Schätzungswege einen Betrag der erklärten Umsätze als umsatzsteuerpflichtig und unterwarf einen errechneten Nettoumsatz dem Regelsteuersatz. Daraus folgte eine Umsatzsteuer in Höhe von 8.032,82 EUR.

Im Ergebnis verwehrte das Finanzamt die Umsatzsteuerbefreiung für die G-GmbH teilweise. Die G-GmbH ging davon aus, dass alle Operationen ausschließlich in Räumlichkeiten von Krankenhäusern ausgeführt würden, die die sozialrechtlichen Vorgaben erfüllten. Dabei erfolgten einige Behandlungen an Standorten, an denen die G-GmbH selbst unter dem Dach der Klinik konzessioniert sei, und einige Behandlungen an Standorten, an denen die G-GmbH die Behandlungsmöglichkeiten anderer konzessionierter Klinken in eigener Verantwortung nutze. Bei Krankenhausleistungen komme eine umsatzsteuerliche Begünstigung für medizinisch indizierte Leistungen stets in Betracht, sodass die ärztlichen Leistungen steuerlich privilegiert wären, sofern die medizinische Indikation nachgewiesen sei. Hierbei sei es dann gleich, ob es sich um „Belegarztleistungen“ oder um „Krankenhausleistungen“ handele. Ärztliche Heilbehandlungen seien deshalb auch dann umsatzsteuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht würden und diese Krankenhausleistungen ihrerseits nicht vollständig von der Umsatzsteuer befreit seien.

Die G-GmbH bekam beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht Recht.

Autoren:
Marcus Preu
Quelle:
Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 17.5.2022, Az. 4 K 119/18