Das Finanzamt (FA) möchte die strenge Trennungstheorie anwenden, also das Geschäft im Verhältnis des erhaltenen Entgelts und des Verkehrswerts der übertragenen Anteile in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil aufteilen. Die Anschaffungskosten sind danach nur in Höhe der Entgeltlichkeitsquote dem entgeltlichen Teil zuzuordnen. Der Kläger begehrt dagegen die Anwendung der modifizierten Trennungstheorie. Danach sollen die vollen Anschaffungskosten vom verbilligten Entgelt abgezogen werden und erst danach ergibt sich ein Veräußerungsgewinn.
Der Fall
Die Kläger A und B sind Eheleute und wurden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. In der Einkommensteuererklärung für 2013 erklärten sie u.a. einen Gewinn nach § 17 EStG aus der teilentgeltlichen Übertragung ihrer privaten Geschäftsanteile an der X-GmbH und begehrten dabei die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens.
Die Entscheidung
Das FG bestätigt die Auffassung des FA und teilt das verbilligte Veräußerungsgeschäft nach der strengen Trennungstheorie in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil auf. Da nicht die vollen Anschaffungskosten dem teilentgeltlichen Veräußerungspreis gegenübergestellt werden, fällt ein Veräußerungsgewinn an.
Allgemeines
Werden im Privatvermögen gehaltene GmbH-Anteile im Wege einer gemischten Schenkung teilentgeltlich auf den Erwerber übertragen, ist nach Auffassung des FG eine Aufteilung des Geschäfts in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil vorzunehmen. Der Veräußerungsgewinn im Sinne von § 17 EStG ermittele sich aus der Differenz zwischen der erhaltenen Gegenleistung und den auf den entgeltlichen Teil entfallenden Anschaffungskosten der Anteile.
Nach (bisheriger) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei bei teilentgeltlicher Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft eine Aufteilung des Rechtsgeschäfts in eine voll entgeltliche Veräußerung im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG und eine voll unentgeltliche Übertragung im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 5 EStG vorzunehmen (sogenannte strenge Trennungstheorie). Zwar sei in Rechtsprechung und Literatur für die teilentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens unter Beteiligung von Mitunternehmerschaften umstritten, in welcher Weise bei der Aufteilung des Vorgangs in ein voll unentgeltliches und ein voll entgeltliches Geschäft der Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts den beiden Teilen des Rechtsgeschäfts zuzuordnen ist. Dies ist aber nach Auffassung des FG kein Grund, von der bisherigen Rechtsprechung zur teilentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 17 EstG abzuweichen.
Strenge oder modifizierte Trennungstheorie?
Das FG hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. In der Rechtsprechung des BFH sei weiterhin ungeklärt, ob bei teilentgeltlicher Übertragung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns die strenge Trennungstheorie oder die modifizierte Trennungstheorie anzuwenden ist, und ob der Entscheidung dieser Rechtsfrage auch Auswirkungen auf die ertragsteuerliche Behandlung teilentgeltlicher Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens zukomme. Die von den Ehegatten A und B eingelegte Revision wird beim BFH unter dem Az. IX R 15/23 geführt.