Greift der ermäßigte Steuersatz für eine Rentennachzahlung, die sich auf zwei Veranlagungszeiträume bezieht, wenn die Nachzahlung ausschließlich im zweiten Veranlagungszeitraum erfolgt?
Der Steuerpflichtige S erhielt nach Beendigung seines Angestelltenverhältnisses im Jahr 2017 zunächst Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte im Jahr 2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und zahlte diese ab 1.3.2018 laufend an S aus. Für den Zeitraum vom 1.2.2017 bis 28.2.2018 ergab sich eine Rentennachzahlung in Höhe von ca. 14.000 EUR, die jedoch fast in vollem Umfang mit Erstattungsansprüchen der Agentur für Arbeit und der Krankenkasse verrechnet wurde. Das Finanzamt berücksichtigte im Jahr 2017 den verrechneten Betrag mit dem Besteuerungsanteil als Renteneinkünfte des S. Dieser beantragte hierfür die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, weil sich die Rentennachzahlung über zwei Veranlagungszeiträume erstrecke und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasse. Das Finanzamt war der Ansicht, dass die Rentennachzahlung in Höhe der Verrechnung aufgrund der gesetzlichen Erfüllungsfiktion bereits im Jahr 2017 zu erfassen sei. Der ermäßigte Steuersatz finde somit keine Anwendung, weil es sich nicht um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handele. Die Nachzahlung habe sich zwar auf zwei Veranlagungszeiträume erstreckt. Für die Frage, ob sie einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst habe, sei jedoch nur auf den Zeitraum vom 1.2.2017 bis 31.12.2017 abzustellen. Die Nachzahlung für Januar und Februar 2018 stelle dagegen lediglich eine zeitlich verzögerte Auszahlung der das Jahr 2018 betreffenden laufenden Rentenzahlungen und damit von vornherein keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar. Diese beiden Monate seien daher bei der Beurteilung des Nachzahlungszeitraums außer Betracht zu lassen. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Münster Recht.