RICHARD BOORBERG VERLAG

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07.08.2023

Steuerfreiheit: Nutzung eines betrieblichen Telekommunikationsgeräts

   

Die unentgeltliche Zurverfügungstellung betrieblicher Mobiltelefone durch einen Arbeitgeber an dessen Arbeitnehmer (auch) für private Zwecke und die Übernahme der auf private Gespräche (anteilig) entfallenden Grundgebühren und Verbindungsentgelte stellt nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils dar.

Nach § 3 Nr. 45 EStG sind solche geldwerten Vorteile jedoch steuerfrei. Vor dem Bundesfinanzhof war streitig, ob es zulässig ist, dass ein Arbeitgeber zum Zwecke der steuerfreien Erstattung von Mobilfunkkosten an seine Arbeitnehmer deren private Mobiltelefone erwerben und anschließend als betriebliche Mobiltelefone an diese überlassen kann.

Der Fall

Der in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG organisierte Verlag schloss ab März 2015 mit mehreren Arbeitnehmern Kaufverträge über deren gebrauchte Mobiltelefone ab. Danach erwarb der Verlag die Geräte von den Arbeitnehmern zu Kaufpreisen zwischen 1 € und 6 €. Zeitgleich schloss er mit den Arbeitnehmern jeweils eine ergänzende Vereinbarung zu Arbeitsvertrag „Handykosten“ ab. Nach dieser Vereinbarung stellte der Verlag den Arbeitnehmern ein Mobiltelefon zur Verfügung und übernahm die hierfür entstehenden monatlichen Kosten des Mobilfunkvertrags (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch die Gebühr für eine sog. Flatrate) bis zu einer in der Vereinbarung jeweils festgelegten Höhe. Die Arbeitnehmer hatten die Kosten des Mobilfunkvertrags durch Vorlage von Rechnungskopien nachzuweisen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren die Arbeitnehmer verpflichtet, das Mobiltelefon an den Verlag herauszugeben. Der Verlag behandelte die seinen Arbeitnehmern erstatteten Kosten der Mobilfunkverträge als nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfreien Arbeitslohn. Im Anschluss an eine bei dem Verlag durch geführte Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, es handele sich bei dem Verkauf der persönlichen, gebrauchten Mobiltelefone der Arbeitnehmer an den Verlag um eine unangemessene rechtliche Gestaltung im Sinne von § 42 der Abgabenordnung (AO), die zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führe. Einem fremden Dritten würde das eigene Mobiltelefon zum marktüblichen Wert, nicht aber für nur 1 € bis 6 € veräußert. Der „Verkauf“ der Telefone sei lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG erfolgt.

Die Kostenerstattungen des Verlages an die Arbeitnehmer für deren Mobilfunkverträge seien daher steuerpflichtiger Arbeitslohn. Der Verlag legte gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid Einspruch ein und klagte anschließend erfolglos vor dem Finanzgericht München. Anschließend ging der Verlag in Revision vor den Bundesfinanzhof (BFH).

Die Entscheidung

Nach der Entscheidung des BFH ist die Erstattung von Telefonkosten für einen vom Arbeitnehmer abgeschlossenen Mobilfunkvertrag durch den Arbeitgeber auch dann nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber das Mobiltelefon, durch dessen Nutzung die Telefonkosten entstanden sind, von dem Arbeitnehmer zu einem niedrigen, auch unter dem Marktwert liegenden Preis erworben hat und er das Mobiltelefon dem Arbeitnehmer unmittelbar danach wieder zur privaten Nutzung überlässt.

Überlassung eines Mobiltelefons führt zu steuerfreiem geldwertem Vorteil

Zunächst führte der BFH aus, dass die unentgeltliche Zurverfügungstellung betrieblicher Mobiltelefone an Arbeitnehmer auch für private Zwecke und die Übernahme auf private Gespräche entfallender Grundgebühren und Verbindungsentgelte geldwerte Vorteile darstellen. Diese geldwerten Vorteile seien jedoch nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei.

Angekaufte Mobiltelefone sind betriebliche Geräte

Der BFH führte sodann aus, dass ein Telekommunikationsgerät dann ein betriebliches im Sinne der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG sei, wenn es im zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Arbeitgebers stehe oder es sich um ein dem Arbeitgeber aufgrund eines Nutzungsvertrags mit einem Dritten, insbesondere eines Leasingvertrags, zuzurechnendes Gerät handele. Ein betriebliches Telekommunikationsgerät im Sinne des § 3 Nr. 45 Satz 1 EStG liege hingegen nicht vor, wenn das Gerät nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen sei. Im vorliegenden Fall seien die Mobiltelefone als betriebliche Geräte des Verlags anzusehen gewesen. Denn der Verlag sei durch den Ankauf der Geräte zivilrechtlicher Eigentümer geworden.

Kaufverträge über den Ankauf der Mobiltelefone war fremdüblich

Die Kaufverträge zwischen dem Verlag und seinen Arbeitnehmern sei zudem trotz der Kaufpreise für die Mobiltelefone zwischen 1 € und 6 € fremdüblich. Denn es habe zwischen beiden ein natürlicher Interessengegensatz bestanden. Die Arbeitgeber gaben infolge des Kaufvertrags ihr Eigentum an den Geräten auf und konnten die Mobiltelefone zukünftig nur noch aufgrund der mit dem Verlag zeitgleich abgeschlossenen Vereinbarung über die Zurverfügungstellung der Mobiltelefone nutzen. Neben dem vereinbarten Kaufpreis erlangten die Arbeitnehmer hierdurch jedoch den weiteren Vorteil, dass die Klägerin ihnen die Kosten des jeweiligen Mobilfunkvertrags erstattete und das Risiko bei Reparaturen, Beschädigungen oder Zerstörung der Geräte trug. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung könne allein aufgrund der (geringen) Höhe der vereinbarten Kaufpreise für die Mobiltelefone nicht angenommen werden, dass die Kaufverträge einem Fremdvergleich zu unterziehen seien bzw. einem solchen nicht standhalten würden.

Niedrige Kaufpreise stellten keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar

Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO kann das Steuergesetz durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden. Ein Missbrauch liegt gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Der BFH merkte an, dass § 42 AO dabei auch eingreifen könne, wenn der Tatbestand einer Steuerbefreiungsvorschrift verwirklicht werden solle. Vorliegend habe der Umstand, dass die Gestaltung es dem Verlag gestattete, die Mobiltelefone seinen Arbeitnehmern nach dem Ankauf wieder zu überlassen und unter Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 45 EStG deren steuerfreie Privatnutzung zu ermöglichen, nicht zur Unangemessenheit der Gestaltung geführt. Der Verlag konnte seinen Arbeitnehmern nach alledem die betrieblichen Mobiltelefone nebst Zubehör steuerfrei überlassen und darüber hinaus die von den Arbeitnehmern aufgewandten Kosten für die private Nutzung der betreffenden Geräte steuerfrei erstatten.

Autoren:
Christian Kubik
Birgit Reindl
Quelle:
BFH, Urteil vom 23.11.2022 – VI R 50/20.