RICHARD BOORBERG VERLAG

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09.01.2023

Steuerfreies Auslandsstipendium

   

Sind als Werbungskosten abziehbare Aufwendungen für ein Masterstudium in den USA um steuerfreie Leistungen zu kürzen, die der Steuerpflichtige aus einem Stipendium erhält?

Die Steuerpflichtige S war nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Zweiten juristischen Staatsprüfung bis Mai 2013 am I-Institut tätig. Von 2013 bis 2014 absolvierte sie in den USA ein Masterstudium (LL.M.) an der U-University. Seit August 2014 ist S als Rechtsanwältin tätig. S absolvierte ihr Masterstudium in den USA im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden Zweitausbildung. Für dieses Studium erhielt sie ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD).

Der DAAD zahlte S monatliche Stipendienraten zur Bestreitung des Lebensunterhalts in den USA, insbesondere für Wohnung und Verpflegung. Außerdem erstattete er anteilige Studiengebühren und Reisekosten. S machte die Studiengebühren, Reisekosten, Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung in den USA sowie Verpflegungsmehraufwendungen in ihren Einkommensteuererklärungen für 2013 und 2014 als Werbungskosten geltend, ohne die Stipendienleistungen in Abzug zu bringen.

Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass als Werbungskosten abziehbare Aufwendungen für ein Masterstudium um steuerfreie Leistungen zu kürzen seien, die die Steuerpflichtige aus einem Stipendium erhalte. Die Aufwendungen der S für ihr Masterstudium stellten dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar. Allerdings führe die Erstattung von Werbungskosten zu steuerbaren Einnahmen bei der Einkunftsart, bei der die Aufwendungen zuvor als Werbungskosten abgezogen würden. Im Zeitpunkt der Erstattung werde damit im Ergebnis der Werbungskostenabzug rückgängig gemacht. Dies gelte auch für die von S vom DAAD bezogen Stipendienleistungen, weil diese eine hinreichend innere Verknüpfung mit der angestrebten zukünftigen Berufstätigkeit aufwiesen und damit der Aufwand abgegolten würde, den S zu Recht als Werbungskosten gelten gemacht hätte. Da das Stipendium des DAAD jedoch steuerfrei sei, scheide eine Kompensation des Werbungskostenabzugs durch eine Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus.

In diesem Fall dürften die Werbungskosten, soweit dafür das Stipendium gewährt worden sei, von vornherein nicht abgezogen werden. Leistungen aus einem Stipendium führten zu Arbeitslohn, wenn das Stipendium dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen diene. Zwischen steuerfreien Stipendienleistungen und beruflich veranlassten (Fort-)Bildungsaufwendungen bestehe ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, wenn das Stipendium dazu diene, die beruflich veranlassten Aufwendungen auszugleichen oder zu erstatten.

Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Autoren:
Markus Preu
Quelle:
BFH-Urteil vom 29.9.2022, Az. VI R 34/20