RICHARD BOORBERG VERLAG

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17.10.2022

Sportwetten per Internet

   

Verstößt die deutsche Sportwettensteuer gegen die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit?

K ist eine Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts. Sie veranstaltet mit einer ausländischen Konzession europaweit Sportwetten und ist daneben auch in anderer Weise auf dem Glücksspielmarkt tätig.

Seit 1.7.2012, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des deutschen RennwLottG, schloss K auch mit Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten und sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags auch dort aufhielten, Sportwettenverträge. Ihre Sportwettenangebote bot sie deutschen Kunden ausschließlich per Internet an, sie unterhielt also auf deutschem Staatsgebiet keine Betriebsstätten. Ein Geschäft über örtliche Vermittler in Deutschland gab es nicht.

Die Wettabschlüsse erfolgten auf der Basis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie der „Sportwetten-Regeln“ der K. Sie war der Ansicht, keine Sportwettensteuer zu schulden, und gab daher zunächst keine entsprechenden Steueranmeldungen ab. Anfang 2016 plante K, sich um eine deutsche Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten zu bewerben. Um im Konzessionsverfahren gegenüber den Mitbewerbern gleichwertige Chancen zu wahren, meldete K beim Finanzamt die Sportwettensteuer für die Anmeldezeiträume Juli 2012 bis Dezember 2015 nach und erläuterte ausführlich, in welcher Weise sie die Bemessungsgrundlage ermittelt hatte. Ab Januar 2016 gab sie monatliche Anmeldungen zur Sportwettensteuer ab.

K war indes der Ansicht, das deutsche RennwLottG verstoße gegen EU-Recht, das die Aufhebung aller Beschränkungen, selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gälten, verlange, sofern diese geeignet seien, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sei und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringe, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Die Sportwettensteuer beschränke die Dienstleistungsfreiheit, weil sie integrales Element eines Gesamtkonzepts zur Regulierung des Sportwettensektors sei, das insbesondere die Vergabe einer beschränkten Anzahl von Konzessionen vorsehe. Diese Beschränkung sei auch nicht gerechtfertigt.

Das Finanzamt meinte dagegen, das deutsche RennwLottG verstoße nicht gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit. Sie sei durch die Sportwettensteuer bereits nicht berührt, weil diese kein integraler Bestandteil eines europarechtswidrigen regulatorischen Gesamtkonzepts sei. Einzige Wirkung der Besteuerung sei es, zusätzliche Kosten für die Sportwette zu verursachen, wobei unerheblich sei, ob die Dienstleistung grenzüberschreitend oder durch einen inländischen Veranstalter erfolge. Die Sportwettensteuer entfalte auch keine erdrosselnde Wirkung. Selbst bei einem Verzicht auf die mögliche Überwälzung bleibe der Mehrzahl der Anbieter faktisch ein notwendiger Mindestprofit.

Das Finanzamt bekam beim Hessischen Finanzgericht Recht.

Autoren:
Markus Preu
Quelle:
Hessisches FG, Urteil vom 23.3.2022, Az. 5 K 1920/17