RICHARD BOORBERG VERLAG

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13.11.2023

Sondervergütungen an nicht der Gewerbesteuer unterliegende Mitunternehmer

   

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Gewerbesteuergesetz (GewStG) ist auch dann anzuwenden, wenn der die Sondervergütungen beziehende Gesellschafter nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Streitig ist, ob § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG auch dann anzuwenden ist, wenn der Empfänger der Sondervergütungen nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG gelten § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG (erweiterte Kürzung) nicht, soweit der Gewerbeertrag Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG enthält, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern, mit Ausnahme der Überlassung von Grundbesitz, bezogen hat.

P ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Komplementärin ist die A-GmbH. Kommanditisten waren im Streitjahr 2016 B und die C-GmbH. Gesellschaftszweck ist die Verwaltung von eigenen Grundstücken, Gebäuden und grundstücksgleichen Rechten.

Bis zum Streitjahr waren durch Stehenlassen entnahmefähiger Gewinnanteile der Gesellschafter positive zu verzinsende Konten entstanden. So wurden im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2016 unter den sonstigen Verbindlichkeiten „Gesellschafter-Darlehen“ ausgewiesen. Die darauf entfallenden Zinsen wurden in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht gesondert ausgewiesen, sondern waren in der Summe der Zinsaufwendungen enthalten.

P erfasste die Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen in Sonderbilanzen der Kommanditisten respektive in einer „Ergänzungsbilanz“ der Komplementärin.

Das Finanzamt bezog die Verzinsung der Darlehenskonten nicht in die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ein, sondern qualifizierte sie als Vergütung nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG. Die dagegen gerichteten Einsprüche blieben ohne Erfolg, woraufhin P klagte, jedoch ohne Erfolg – ebenso in der Revision.

Gewerblich geprägte Personengesellschaft

P ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz/ EStG). Ihr Betrieb unterliegt daher nach § 2 Abs. 1 GewStG unabhängig von der Art der ausgeübten Tätigkeit der Gewerbesteuer. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen gekürzt um 1,2% des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes. Anstelle der Kürzung nach Satz 1 tritt auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Keine Sonderregelung für nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Vergütungsempfänger

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG ist auch dann einschlägig, wenn der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Denn der Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a Satz 1 GewSt setzt allein Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EstG voraus, die der Gesellschafter von der Gesellschaft bezogen hat. Die Norm verlangt nicht, dass der Gesellschafter als Vergütungsempfänger der Gewerbesteuer unterliegt.

§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1a GewStG kann in den Fällen, in denen der Vergütungsempfänger nicht der Gewerbesteuer unterliegt, auch nicht teleologisch reduziert werden. Denn die teleologische Reduktion setzt eine Divergenz zwischen Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck voraus. Es bedarf demnach einer verdeckten Regelungslücke. Lässt sich ein bestimmter Gesetzeszweck hingegen nicht sicher feststellen, so ist für eine teleologische Reduktion kein Raum.

Autoren:
Claudia Ossola-Haring
Quelle:
BFH, Urteil vom 09.03.2023 – IV R 25/20.