A1 sowie A2 und das jeweils zuständige Finanzamt streiten über die Steuerbarkeit der Schutzmaskenpauschale nach § 5 Abs. 1 der Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in der Fassung vom 14.12.2020 (Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung – SchutzmV).
Im Rahmen dieser kostenfreien Versorgung von Versicherten, die gemäß der SchutzmV zur Risikogruppe gehörten, gaben A1 und A2 Schutzmasken an die Anspruchsberechtigten aus. In diesem Zusammenhang erhielten sie aufgrund eines Auszahlungsbescheids des Nacht- und Nothilfefonds des Deutschen Apothekerverbandes e.V. vom 18.12.2020 für ihre Apotheke eine einmalige Schutzmaskenpauschale zur Ausstattung besonders gefährdeter Personengruppen mit Corona-Schutzmasken für den Abgabezeitraum 15.12.2020 bis 06.01.2021 (Phase 1) gemäß § 7 SchutzmV, der am selben Tag den Bankkonten gutgeschrieben wurde. Nach der Begründung des Auszahlungsbescheids haben die Offizin-Apotheken über den Nacht- und Nothilfsfonds einen einmaligen Geldbetrag für den Ausgabezeitraum der Phase 1 zur Beschaffung der in der SchutzmV benannten drei Schutzmasken pro anspruchsberechtigtem Versicherten erhalten, um eine ordnungsgemäße und kostenfreie Abgabe zu ermöglichen. Für diesen Ausgabezeitraum sei eine Nachweispflicht, bezogen auf die Abgabe, nicht vorgesehen. Im Rahmen der Berechnung der Schutzmaskenpauschale enthielt der Auszahlungsbescheid den Hinweis: „Ihre Schutzmasken-Pauschale enthält einen Umsatzsteueranteil in Höhe von ... €. Aufgrund der möglichen Leistungserbringung im Dezember 2020 gilt der Steuersatz von 16%“.
In ihren elektronisch an die beklagten Finanzämter übermittelten Umsatzsteuererklärungen für das Jahr 2020 meldeten A1 und A2 die ausgezahlten Schutzmaskenpauschalen mit dem Nettobetrag zum temporär auf 16% herabgesetzten Regelsteuersatz an. Im Zusammenhang mit der Auszahlung der Schutzmaskenpauschale wurde die Herabsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2020 erbeten. Die Zahlungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds seien in der Phase 1 pauschale Zahlungen gewesen. Diese seien ohne Anknüpfung an bestimmte Umsätze und auch dann erfolgt, wenn keine Schutzmasken zur Abgabe bereitgehalten worden seien. Daher habe es sich um echte – nicht steuerbare – Zuschüsse gehandelt. Die Änderungsanträge wurden abgelehnt.
Leistungsaustausch war gegeben
Die Apotheken haben die Schutzmaskenpauschale des § 5 Abs. 1 SchutzmV als Gegenleistung für die Abgabe respektive die Bereitschaft zur Abgabe von Schutzmasken nach § 4 Abs. 1 SchutzmV an die anspruchsberechtigten Personen in der „Phase 1“ nach § 2 Abs. 1 SchutzmV im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs erhalten.
Für den steuerbaren Leistungsaustausch ist es ausreichend, dass zwischen den Apotheken und der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Rechtsverhältnis nach Maßgabe der SchutzmV bestanden hat, in dessen Rahmen tatsächlich gegenseitige Leistungen ausgetauscht worden sind und die von den leistenden Apotheken empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Lieferung bzw. sonstige Leistung in Gestalt der Abgabe der Schutzmasken respektive der Bereitschaft hierzu bildet.
Pauschale als Gegenleistung
Mit der Abgabe von Schutzmasken aufgrund der SchutzmV im Zeitraum vom 15.12.2020 bis 06.01.2021 („Phase 1“) an besonders vulnerable Personengruppen haben die Apotheken umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht und dafür die Schutzmaskenpauschale als Gegenleistung erhalten.
Zweifel an dem Vorliegen eines für die Umsatzbesteuerung erforderlichen Leistungsaustauschs, weil die Apotheken in Deutschland diese pauschale Zahlung nach Auffassung der Kläger unabhängig von der tatsächlichen Abgabe von Schutzmasken erhalten hätten, sind nicht berechtigt. Vielmehr liegt ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch vor.
Die Apotheken seien durch die SchutzmV in die Erfüllung des Anspruchs der besonders vulnerablen Personengruppen auf Schutzmasken gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung eingeschaltet worden. Die Krankenkassen stellen den gesetzlich Krankenversicherten nach dem sog. Sachleistungsprinzip die Leistungen zur Verhütung von Krankheiten zur Verfügung, zu denen auch die Abgabe von Schutzmasken auf der Grundlage der SchutzmV zählt. Das Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung sei auch für den auf nicht gesetzlich Versicherte ausgedehnten Anspruch übertragbar. Daher hätten die Apotheken in der „Phase 1“ im Rahmen des durch die SchutzmV begründeten Rechtsverhältnisses in Erfüllung der Ansprüche der besonders vulnerablen Personen Lieferungen von Schutzmasken an die gesetzliche Krankenversicherung erbracht. Hierfür sei den Apotheken die Schutzmaskenpauschale gezahlt worden. Die innere Verknüpfung der Schutzmaskenpauschale mit der Abgabe der Schutzmasken liegt in der den Apotheken in Deutschland obliegenden, im öffentlichen Interesse gebotenen Verpflichtung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nach dem Apothekengesetz und der damit verbundenen Versorgung besonders vulnerabler Personengruppen mit Schutzmasken nach der SchutzmV zur Bewältigung der COVID-19- Pandemie.