Der Kläger war Berufssoldat. Wegen eines auf Facebook veröffentlichten Kommentars wurde er wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten rechtskräftig schuldig gesprochen. Daneben war gegen ihn ein gerichtliches Wehrdisziplinarverfahren eröffnet worden, das sich über den Vorwurf, der Gegenstand des Strafverfahrens war, auf zahlreiche weitere mutmaßliche Disziplinarvergehen im Wesentlichen in Gestalt von Postings auf dem Facebook-Account des Klägers bezog. Für seine Vertretung in dem Disziplinarverfahren wandte der Kläger im Streitjahr Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.785 € auf, deren Abzug er als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung beantragte.
Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage war in vollem Umfang erfolgreich. Es erkannte die Rechtsanwaltskosten in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit an.
Die Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Finanzamts zurück und bestätigte den Werbungskostenabzug. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dabei muss zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang bestehen.
Kosten der Rechtsverfolgung (Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten) teilen grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses waren:
– Ist Gegenstand des Rechtsstreits ein Vorgang der Privatsphäre (zum Beispiel das Bestehen eines Erbrechts), so sind die Kosten der Rechtsverfolgung nicht abzugsfähig.
– Der Abzug von durch einen Strafprozess verursachten Rechtsverfolgungskosten als Werbungskosten setzt voraus, dass die dem Arbeitnehmer vorgeworfene Tat in Ausübung und nicht nur gelegentlich der Berufstätigkeit begangen worden ist.
– Bei zivil- oder arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten besteht ein Zusammenhang zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn die Streitigkeit das Arbeitsverhältnis betrifft.
Im Urteilsfall handele es sich um Werbungskosten. Denn – so der BFH – ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang der Aufwendungen zu den Einkünften aus der Tätigkeit des Klägers als Berufssoldat liege bereits deshalb vor, weil Gegenstand des Verfahrens die Ahndung von Dienstvergehen durch Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ist, die sich auf das Dienstverhältnis und das berufliche Fortkommen auswirken. Den Einwand des Finanzamts, Kosten für ein Strafverfahren seien vom Abzug als Werbungskosten stets ausgeschlossen, ließ der BFH für Kosten eines Disziplinarverfahrens nicht gelten. Denn die beiden Verfahren unterschieden sich nach Rechtsgrund und Zweckbestimmung wesentlich voneinander. Ein Strafverfahren sei auf die Sanktion der Verletzung eines von der Rechtsordnung allgemein geschützten Rechtsguts gerichtet.
Deshalb bemesse sich die Strafe in diesem Fall nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten Rechtsguts und der Schuld des Täters. Ein Veranlassungszusammenhang zwischen einem Strafverfahren und der beruflichen Tätigkeit bestehe deshalb ausnahmsweise nur dann, falls dem Steuerpflichtigen eine Tat zur Last gelegt wird, die er in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen hat. Dies sei bei einem Disziplinarverfahren anders, bei dem sich die Disziplinarmaßnahme auf den besonderen Rechtsund Pflichtenstatus der Angehörigen eines bestimmten Berufsstandes beziehe. In diesem Verfahren werde ein – gegebenenfalls strafbewehrtes – Verhalten allein daraufhin überprüft, ob sich aus ihm eine ungerechtfertigte und schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten ergebe.
Schließlich – so der BFH weiter – stehe dem Werbungskostenabzug auch nicht der Umstand entgegen, dass im Streitfall der Bund dem Kläger die notwendigen Auslagen des Wehrdisziplinarverfahrens in einem zukünftigen Veranlagungszeitraum gegebenenfalls zu erstatten hat. Hier greift der BFH auf den allgemeinen Grundsatz zurück, wonach eine Erstattung nicht die Versagung des Abzugs zur Folge hat, sondern es vielmehr zu einer Einnahme kommt, wenn im Folgejahr eine Aufwendung, die zum Werbungskostenabzug geführt hatte, erstattet wird.
Da der Abzug als Werbungskosten gegenüber dem Abzug als außergewöhnliche Belastung vorrangig ist, konnte die Prüfung eines Abzugs als außergewöhnliche Belastung, wie ihn der Kläger in seiner Steuererklärung begehrt hatte, entfallen. Hinzu kommt, dass Prozesskosten nur unter den engen Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Danach sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) nur als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, wenn es sich um Aufwendungen handelt, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Vor dem Hintergrund des Vorrangs des Werbungskostenabzugs kann es dahinstehen, ob diese engen Voraussetzungen im Streitfall erfüllt gewesen wären.