RICHARD BOORBERG VERLAG

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24.10.2022

Negative Einkünfte der unterhaltenen Person

   

Mindern negative Einkünfte der unterhaltenen Person die anrechenbaren Ausbildungshilfen – hier: BAföG-Zuschüsse?

Die Eheleute M und F haben eine 1988 geborene Tochter T, die in S-Stadt studierte und dort in einer den Eheleuten gehörenden Wohnung wohnte. Im Jahr 2017 erhielt T öffentliche Ausbildungshilfen (Zuschüsse nach BAföG) in Höhe von 4.020 EUR. Daneben bezog sie aus einem geringfügigen Arbeitsverhältnis Arbeitslohn in Höhe von 1.830 EUR.

Im Einkommensteuerbescheid der T für 2017 waren außerdem Werbungskosten in Höhe von 2.180 EUR angesetzt, so dass sich für 2017 negative Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 350 EUR (1.830 EUR abzüglich 2.180 EUR) ergaben. M und F begehrten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2017 die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an T in Höhe von 9.920 EUR. Sie gaben an, Unterhaltsleistungen in Höhe von mehr als 8.820 EUR in Form von Sachleistungen (Wohnungsüberlassung, Ernährung, Kleidung, Hausrat) sowie in Höhe von 1.100 EUR durch die Übernahme von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung der T geleistet zu haben.

Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass anrechenbare Einkünfte der T nur die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte seien. Negative Einkünfte der unterhaltenen Person minderten die anrechenbaren Ausbildungshilfen – hier BAföG-Zuschüsse – indes nicht. Die negativen Einkünfte der T aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 350 EUR könnten somit nicht mit den von T bezogenen BAföG-Zuschüssen verrechnet werden. Die BAföG-Zuschüsse seien vielmehr anzurechnen und minderten die als außergewöhnliche Belastung abziehbaren Unterhaltsaufwendungen der Eheleute für T.

Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Autoren:
Markus Preu
Quelle:
BFH-Urteil vom 8.6.2022, Az. VI R 45/20