RICHARD BOORBERG VERLAG

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16.12.2024

Nachweis der Unternehmereigenschaft zur Verlagerung der Steuerschuldnerschaft

   

Worauf kommt es bei der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) an? Die Antwort auf diese Frage gibt der Bundesfinanzhof (BFH) in der folgenden Entscheidung.

X betrieb im Streitjahr einen Online-Marktplatz, auf dem Gegenstände zum Kauf angeboten wurden. Die Dienstleistungen der X bestanden darin, den Anbietern der Waren den Zugang und die Nutzung des Online-Marktplatzes zu gewähren‚ wofür X Gebühren von den Nutzern erhob, deren Höhe sich vornehmlich nach den Verkaufserlösen richtete.

Die Anbieter mussten sich als „Nichtunternehmer“ (Endverbraucher) oder „Unternehmer“ zu erkennen geben. Erfolgte eine Anmeldung als Unternehmer, mussten in der Eingabemaske Angaben zum Namen des Unternehmens, zum Unternehmenstyp (Branche), zur Rechtsform des Unternehmens, zu einer vorhandenen Handelsregisternummer, zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.), zum Namen des gesetzlichen Vertreters des Unternehmens, zur  Adresse des Unternehmens sowie zur Telefonnummer und zur E-Mail-Adresse gemacht werden.

Bis zum 31.12.2014 behandelte X ausschließlich die Leistungsempfänger als Unternehmer, die eine gültige USt-IdNr. angaben. Zum 01.01.2015 stellte X das Verfahren um. Kunden, die eine gültige USt-IdNr. angaben, wurden nach wie vor als Unternehmer behandelt. Sofern eine angegebene USt-IdNr. nicht mehr als gültig bestätigt wurde oder der Leistungsempfänger sich als gewerblicher Nutzer registrierte, aber keine oder eine ungültige USt-IdNr. angab‚ prüfte und bejahte X nunmehr die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers, wenn bei diesem eines von drei Kriterien zur Bejahung einer Unternehmereigenschaft vorlag. Handelte es sich bei den Leistungsempfängern nach den von ihnen gemachten Angaben um eine im Inland ansässige Person und lag in Bezug auf diese Person eines der drei Kriterien vor, ging X von einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG aus.

Im Rahmen einer bei X für das erste Kalendervierteljahr 2015 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertraten die Prüfer die Auffassung, dass nur die Leistungsempfänger als Unternehmer zu behandeln seien, für die eine gültige USt-IdNr. vorgelegen habe. Die drei von X angelegten Kriterien waren nach Ansicht der Prüfer nicht geeignet, die Unternehmereigenschaft der Leistungsempfänger anzunehmen. Die Mehrsteuern wurden geschätzt.

Dagegen wandte sich X – in der letzten Instanz mit Erfolg.

Die Bedeutung der USt-IdNr.

Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) bescheinigt vor allem den Status des Unternehmers im Sinne der Mehrwertsteuer-System-Richtlinie (MwStSystRL). Bei der Besteuerung von EU-grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen entfaltet die Mitteilung einer USt-IdNr. zumindest Indizwirkung zur Unternehmereigenschaft des Leistenden.

Verlagerung der Steuerschuldnerschaft

Für die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft kommt es nicht auf die Verwendung einer gültigen USt-IdNr. durch den Leistungsempfänger an. Vielmehr ist allein die Unternehmer-Eigenschaft des Leistungsempfängers ausschlaggebend. Die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft vom leistenden Unternehmer auf den Leistungsempfänger wirkt zu Gunsten des leistenden Unternehmers. Er muss daher nachweisen, dass die Voraussetzungen der entsprechenden Norm erfüllt werden.

Diese Feststellung ist anhand von objektiven Kriterien zu treffen.

Keine pauschale Behandlung zulässig

Erst wenn ein Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann, darf dies gegen den Leistenden ausgelegt werden. Dies gilt aber nur für einzelne Transaktionen, eine pauschale Behandlung ist rechtswidrig.

Fazit

Bei grenzüberschreitenden Transaktionen sollten unbedingt die USt-IdNr. der Kunden geprüft und archiviert werden. Dennoch kann der Leistende die Eigenschaft des Leistungsempfängers auch anderweitig nachweisen. Wie er das tut, steht ihm frei. Allerdings müssen die angewendeten Prüfmethoden sachlich und rechtlich geeignet sein.

Autoren:
Claudia Ossola-Haring
Quelle:
BFH, Urteil vom 31.01.2024 – V R 20/21