Die Steuerermäßigung darf maximal 4.000 € jährlich betragen. Vor dem Finanzgericht Münster war streitig, ob auch die Aufwendungen für die Entsorgung des Hausmülls und für die Ableitung von Schmutzwasser begünstigt sind.
Der Fall
Die Eheleute M und F wurden im Streitjahr 2018 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute Aufwendungen für Handwerkerleistungen im eigenen Haushalt als Steuerermäßigung nach § 35a EStG geltend. Das Finanzamt forderte im Veranlagungsverfahren Nachweise über die Aufwendungen an. Dabei wurde bekannt, dass sich die Aufwendungen auf die Entsorgung von Kompost, die Entsorgung von Restmüll sowie auf die Entsorgung von Niederschlagswasser bezogen. Im Einkommensteuerbescheid für 2018 berücksichtigte das Finanzamt die Aufwendungen für die Müllabfuhr und das Niederschlagswasser nicht. Es vertrat die Auffassung, dass die Leistungen zur Müllabfuhr und zur Abwasserbeseitigung nicht im räumlich funktionalen Bereich des Haushalts der Eheleute, sondern außerhalb ihres Haushalts erbracht worden seien. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Eheleute gegen die Steuerfestsetzung Klage vor dem Finanzgericht Münster.
Die Entscheidung
Das Finanzgericht bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung. Unter den Begriff der haushaltsnahen Dienstleistungen seien nur solche Aufwendungen zu fassen, die im Haushalt bzw. in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht würden. Die Leistungen der Müllabfuhr und der Abwasserbeseitigung würden jedoch außerhalb dieser Bereiche erbracht.
Haushaltsnahe Dienstleistungen
Unter den Voraussetzungen des § 35a EStG können Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse (§ 35a Abs. 1 EStG), haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35a Abs. 2 EStG) und Handwerkerleistungen (§ 35a Abs. 3 EStG) zu einer Steuerermäßigung führen. Vorliegend geht es um die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen und die Folgefrage, ob Aufwendungen für die Müllabfuhr und die Schmutzwasserentsorgung als haushaltsnah im Sinne der Norm anzusehen sind. Das Finanzgericht Münster hatte sich daher mit der Frage zu beschäftigen, wann eine haushaltsnahe Dienstleistung vorliegt. Es legte zunächst dar, dass der Begriff der „haushaltsnahen Dienstleistung“ gesetzlich nicht näher bestimmt sei.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei unter dem Begriff des Haushalts die Wirtschaftsführung mehrerer (in einer Familie) zusammenlebender Personen oder einer einzelnen Person zu verstehen. Das Wirtschaften im Haushalt umfasse Tätigkeiten, die für die Haushaltung oder die Haushaltsmitglieder erbracht würden (vgl. § 8a Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch). Hauswirtschaftliche Tätigkeiten in diesem Sinne seien solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie in einem Privathaushalt erbracht würden.
Dazu gehörten Einkaufen von Verbrauchsgütern, Kochen, Wäschepflege, Reinigung und Pflege der Räume, des Gartens und auch Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen. „Haushaltsnahe“ Leistungen seien solche, die eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung hätten bzw. damit im Zusammenhang stünden. Im Speziellen seien das Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechende Beschäftigte erledigt würden und in regelmäßigen Abständen anfielen. Insofern seien die Begriffe „haushaltsnah“ und „hauswirtschaftlich“ sinnverwandt. Die Gesetzesbegründung mache deutlich, dass nach der Intention des Gesetzgebers (nur) hauswirtschaftliche Arbeiten begünstigt werden sollten.
Mit der arbeitsmarktpolitisch motivierten Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG solle die Erledigung typisch hauswirtschaftlicher Dienstleistungen durch Dritte gefördert werden. Nicht gefördert werden sollten hingegen sonstige Dienstleistungen, die regelmäßig nicht von Haushaltsangehörigen, sondern von Dritten erledigt würden. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze seien die Entsorgung von Müll und die Ableitung von Schmutzwasser keine haushaltsnahen Dienstleistungen i.S. des § 35a Abs. 2 EStG. Denn die im Zusammenhang mit der Entsorgung von Müll und Abwasser erbrachten Dienstleistungen würden typischerweise nicht von Haushaltsangehörigen erledigt werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die von der Kommune erhobenen Abgaben gerade nicht die Eigenleistungen des Steuerpflichtigen auf seinem Grundstück (Sortieren des Mülls, Verbringen des Mülls in die Tonne, Bereitstellen der Tonne am Straßenrand, Öffnen des Wasserablaufs) beträfen, sondern die originär von der Stadt zu erbringenden Leistungen, die im Rahmen kommunaler Satzungen geregelt und diesen durch die Abfall- und Wassergesetze des Landes zugewiesen seien. Hierbei handele es sich um Aufgaben, die auch aufgrund ihres Umfangs und der dafür erforderlichen Infrastruktur typischerweise von Städten und Gemeinden und nicht von Haushaltsangehörigen übernommen würden.
Begriff des Haushalts
Darüber hinaus setze die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG voraus, dass die Dienstleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt oder erbracht werde (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Der Leistungsort befinde sich dann im Haushalt, wenn die Leistung in dessen räumlichen Bereich erbracht werde.
Der Begriff „im Haushalt“ sei insofern räumlich- funktional auszulegen. Deshalb würden nach der Rechtsprechung des BFH die Grenzen des Haushalts im Sinne des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zwar nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr könne auch die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden (z.B. Schneeräumen auf Gehwegen), nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein. Allerdings müsse es sich dabei um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden und dem Haushalt dienten. Leistungen außerhalb des Haushalts seien demgegenüber nicht begünstigt, selbst wenn sie für den Haushalt erbracht werden. Auch vor diesem Hintergrund war die Steuerermäßigung im Fall der Eheleute nach Auffassung des Finanzgerichts nicht zu gewähren. Denn die Hauptleistungen der Kommune zur Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung würden überwiegend nicht im räumlich-funktionalen Bereich des Haushalts der Eheleute, sondern außerhalb deren Haushalts erbracht.
Anmerkung
Die Entscheidung des FG ist mittlerweile rechtskräftig, da die Kläger die Frist zur Begründung ihrer Revision versäumt haben.