RICHARD BOORBERG VERLAG

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21.04.2021

Krankheitsbedingter Auszug

Erbschaftsteuer

Führt ein krankheitsbedingter Auszug aus dem ererbten Familienheim zum nachträglichen Wegfall der zuvor gewährten Erbschaftsteuerbefreiung?

Ehefrau F beerbte ihren im Jahr 2017 verstorbenen Ehemann M zur Hälfte. Zur Erbschaft gehörte auch das hälftige Miteigentum an dem bislang von den Eheleuten gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus. Ende 2018 veräußerte F das Einfamilienhaus auf ärztlichen Rat aufgrund einer Depressionserkrankung und zog im Jahr 2019 in eine zuvor erworbene Eigentumswohnung um. Das Finanzamt änderte daraufhin den Erbschaftsteuerbescheid und versagte die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim. Veräußere der Erbe das Familienheim innerhalb von zehn Jahren, so entfalle die Erbschaftsteuerbefreiung auch dann, wenn der Auszug auf ärztlichen Rat aufgrund einer Erkrankung erfolge. Die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim, das der Erbe innerhalb von zehn Jahren nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutze, falle nur dann nicht weg, wenn er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert sei. Derartige zwingende Gründe lägen bei F jedoch nicht vor. Die Depressionserkrankung der F und der Tod des M im Einfamilienhaus hätten F zwar erheblich psychisch belastet. Ein zwingender Grund sei jedoch nur dann gegeben, wenn das Führen eines Haushalts schlechthin – etwa aufgrund von Pflegebedürftigkeit – unmöglich sei. Dies sei bei F aufgrund des Umzugs in die Eigentumswohnung aber nicht der Fall gewesen. Eine solche restriktive Handhabung der Rückausnahme zur Erbschaftsteuerbefreiung sei auch verfassungsrechtlich geboten, weil die Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheime Grundeigentümer gegenüber Inhabern anderer Vermögenswerte bevorzuge. F war dagegen der Ansicht, dass sie nach dem Tod des M unter Depressionen und Angstzuständen gelitten habe, insbesondere weil M in dem Einfamilienhaus verstorben sei. Daraufhin habe ihr der Arzt geraten, die Wohnumgebung zu wechseln, weshalb sie aus zwingenden Gründen an einer weiteren Selbstnutzung des Einfamilienhauses gehindert sei. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Münster Recht.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.12.2020, Az. 3 K 420/20 Erb