RICHARD BOORBERG VERLAG

×

02.09.2020

Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind in Ausbildung

  

Anspruch auf Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind in einem Ausbildungsverhältnis besteht dann, wenn die Möglichkeit der Rückkehr besteht und die Absicht des Kindes, die Ausbildung nach der Genesung fortzusetzen, feststeht.

Eine Mutter bezog fortlaufend Kindergeld für ihren Sohn, der am 01.08.2015 eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker begann, die zum 31.01.2019 enden sollte.

Im September 2018 erlitt der Sohn während der Arbeit einen Unfall, der einen Schädelbasisbruch zur Folge hatte. Nach längerer stationärer Behandlung durchlief das Kind einen Reha-Plan mit dem Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit zur Fortsetzung der Ausbildung.

Die Familienkasse hob ab Ende 2018 die Kindergeldfestsetzung für den Sohn gegenüber der Mutter auf. Zur Begründung verwies die Behörde darauf, dass der Sohn nicht mehr berücksichtigt werden könne, weil er aufgrund der Erkrankung in absehbarer Zeit nicht aktiv an der bisherigen Ausbildung teilnehmen könne.

Demgegenüber sprach das Finanzgericht Münster der Frau weiterhin Kindergeld zu.

Ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, ist kindergeldfähig, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Das Gesetz stellt zwar auf die tatsächliche Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen ab. Jedoch gelten nach Einschätzung des Gerichts Ausnahmen. Danach ist eine Unterbrechung der Ausbildung infolge Krankheit grundsätzlich für den Kindergeldanspruch unschädlich. Habe ein Kind einen Ausbildungsplatz und sei ausbildungswillig, könne aber aus objektiven Gründen zeitweise die Ausbildung nicht fortsetzen, so schade dies dem Anspruch auf Kindergeld nicht.

Auch wenn der Ausbildungsvertrag grundsätzlich nur eine Laufzeit bis Anfang 2019 hatte, verlängerte er sich aber wegen des Unfalls des Sohns

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
FG Münster, Urteil vom 01.07.2020 – 11 K 1832/19 Kg