J war vor allem wegen Verkehrsdelikten zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt worden. In einem Fall war er in einem nicht zugelassenen Fahrzeug ohne Führerschein unterwegs. Als die Polizei ihn stellen wollte, flüchtete er mit erheblich überhöhten Geschwindigkeiten sowohl inner-, als auch außerorts. Während seiner Flucht gefährdete J sowohl sich als auch andere. Sein Vergehen wurde vom Landgericht (LG) unter anderem als vorsätzlicher Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und als Steuerhinterziehung gesehen. J legte Revision ein.
Fahren ohne Zulassung ist keine Steuerhinterziehung
Die Annahme der Vorinstanz, J habe sich durch die Nutzung seines nicht zugelassenen Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr ohne Abgabe einer Steuererklärung wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht, hält nach Ansicht der BGH-Richter der rechtlichen Prüfung nicht stand, weil der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht erfüllt ist. Nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann danach nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten als auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) enthält keine Erklärungspflicht. Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 4 KraftStG wird das Bundesministerium für Finanzen ermächtigt, Rechtsverordnungen zu erlassen über „das Besteuerungsverfahren, insbesondere die Berechnung der Steuer und die Änderung von Steuerfestsetzungen, sowie die von den Steuerpflichtigen zu erfüllenden Pflichten und die Mitwirkungspflicht Dritter“. Ob § 15 Abs. 1 KraftStDV in der Verordnungsermächtigung des § 15 Abs. 1 Nr. 4 KraftStG eine hinreichende Grundlage findet, ist zumindest zweifelhaft. Denn es ist schon unklar, ob der Gesetzgeber dem ermächtigten Bundesministerium tatsächlich die Befugnis übertragen wollte, eine Erklärungspflicht wie erfolgt zu statuieren.
Pflichten unklar
Die geforderten, vom „Steuerpflichtigen zu erfüllenden Pflichten“ ergeben sich weder aus der Vorschrift selbst noch aus ihrem Kontext. Es versteht sich auch nicht von selbst, dass der Gesetzgeber den Verordnungsgeber damit zur Statuierung (auch) von Erklärungspflichten ermächtigt hat. Denn steuerliche Erklärungspflichten sind nicht derart selbstverständlich, dass es deren ausdrücklicher Erwähnung und Regelung nicht bedürfte. Schließlich beschränken sich Pflichten eines Steuerpflichtigen weder im Allgemeinen noch im hier relevanten Zusammenhang typischerweise auf die Abgabe einer Erklärung. Damit entfällt die Verurteilung wegen Steuerhinterziehung.