RICHARD BOORBERG VERLAG

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30.08.2021

Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte

   

Ist der für Länder und Kommunen erfolgende Betrieb von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte durch eine GmbH von der Umsatzsteuer befreit?

Die G-GmbH bewirtschaftete eine Vielzahl von Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge, Aussiedler und Obdachlose. Dabei handelte es sich sowohl um Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge in kommunaler Trägerschaft als auch um Erstaufnahmeeinrichtungen verschiedener Bundesländer sowie um eine städtische Obdachlosenunterkunft.

In der Regel verantwortete die G-GmbH insbesondere die Ausstattung der jeweiligen Unterkunft, deren Reinigung und personelle Besetzung sowie die soziale Betreuung der untergebrachten Personen. Das Finanzamt behandelte die Umsätze der G-GmbH aus dem Betrieb der Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte als umsatzsteuerpflichtig. Die G-GmbH war dagegen der Ansicht, sie könne sich auf eine unionsrechtliche Umsatzsteuerbefreiung berufen, nach der eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen von der Umsatzsteuer befreit seien, wenn sie von Einrichtungen bewirkt würden, die der betreffende Mitgliedstaat als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt habe; dies sei bei ihr der Fall.

Die G-GmbH sei als Einrichtung mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt, insbesondere weil die Übernahme des Betriebs von Flüchtlingsunterkünften durch private Dritte in verschiedenen Bundesländern durch spezifische Vorschriften geregelt sei. Dabei sei unerheblich, dass die G-GmbH ihre Leistungen nicht unmittelbar gegenüber den Flüchtlingen und Obdachlosen, sondern gegenüber den Trägern der Unterkünfte (Länder und Kommunen) erbracht habe. Weiterhin handele es sich bei dem Betrieb der Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte um eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen, die für die Unterbringung der Flüchtlinge und Obdachlosen auch unerlässlich seien, weil die in den Unterkünften aufgenommenen Menschen wirtschaftlich hilfsbedürftig seien. Sie gehörten damit zu dem anerkanntermaßen begünstigten Personenkreis. Demgegenüber seien insbesondere die asylrechtliche Funktion der Flüchtlingsunterkünfte und der mit einer Obdachlosenunterkunft verfolgte Zweck der Gefahrenabwehr für die Umsatzsteuerbefreiung unerheblich. Der für Länder und Kommunen erfolgende Betrieb von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte durch die G-GmbH sei somit von der Umsatzsteuer befreit.

Die G-GmbH bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Autoren:
Marcus Preu
Quelle:
BFH-Urteil vom 24.3.2021, Az. V R 1/19