RICHARD BOORBERG VERLAG

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13.06.2022

Fiktives Anlagevermögen

   

Ist der Aufwand für die auswärtige Übernachtung von Arbeitnehmern in Deutschland und europaweit als fiktives Anlagevermögen bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags hinzuzurechnen?

Die G-GbR erbringt Leistungen im Bereich der Verkehrs- und Schwachstromtechnik in Deutschland und europaweit, sie installiert, wartet und repariert dazugehörige Technik und Systeme. Die G-GbR beschäftigte im Jahr 2010 insgesamt 36 Arbeitnehmer. Bei auswärtigen Aufträgen wurden durch die G-GbR für die Zeit der Leistungserbringung Unterkünfte vor Ort für ihre Arbeitnehmer (Hotel, Ferienwohnung, Pension) angemietet. Der Aufwand für die Übernachtung der Arbeitnehmer, der auf dem Konto „Reisekosten Arbeitnehmer“ mit einem Übernachtungsaufwand in Höhe von 125.264 EUR gebucht worden war, wurde von der G-GbR bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrags für 2010 nicht hinzugerechnet. Es handele sich nicht um fiktives Anlagevermögen.

Maßgeblich sei, ob der Steuerpflichtige die Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch hätte vorhalten müssen. Von einem Unternehmer könne nicht verlangt werden, an allen Orten, zu denen bereits geschäftliche Kontakte bestünden oder die aus sonstigen geschäftlichen Anlässen potentiell aufzusuchen sein könnten, d. h. letztlich überall eigene Räumlichkeiten für eventuelle Geschäftsreisen vorzuhalten. Ein Hotelzimmer gehöre daher – im Regelfall – nicht zum fiktiven Anlagevermögen, so dass derartige Mietzinsen nicht der Hinzurechnung unterlägen.

Das Finanzamt rechnete dagegen die Aufwendungen für die Übernachtung der Arbeitnehmer in Höhe von 125.264,70 EUR dem gewerbesteuerlichen Gewinn zu. Die Wirtschaftlichkeit einer Anschaffung und die Laufzeit der Miet- oder Pachtverträge seien ohne Bedeutung, so dass auch bei kurzfristigen Hotelnutzungen sowie Mietaufwendungen eines Unternehmens für seine Arbeitnehmer eine fiktive Zugehörigkeit zum Anlagevermögen zu bejahen sei. Mietaufwendungen des Unternehmens für die Anmietung von Unterkünften, die unmittelbar der originären Tätigkeit zuzuordnen seien, seien dem Gewinn hinzuzurechnen. Auf die Nutzungsdauer komme es hierbei nicht an. Der Geschäftszweck der G-GbR sei auf die Erbringung von Leistungen im Bereich der Verkehrs- und Schwachstromtechnik mit Installation, Wartung und Reparatur der dazugehörigen Technik und Systeme ausgelegt. Da durch die G-GbR landes- und europaweit Aufträge akquiriert würden, sei sie auf Unterkünfte für die auftragsausführenden Arbeitnehmer an jedem Leistungsort angewiesen und müsse Übernachtungsmöglichkeiten in ihrem Vermögen vorhalten.

Die G-GbR bekam beim Sächsischen Finanzgericht Recht.

Autoren:
Marcus Preu
Quelle:
Sächsisches FG, Urteil vom 14.7.2021, Az. 4 K 737/19