RICHARD BOORBERG VERLAG

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09.12.2024

Ertragsteuerliche Beurteilung der privaten Nutzung betrieblicher Fahrtberechtigungen für den öffentlichen Personenverkehr

     

Eine betriebliche Fahrtberechtigung liegt vor, wenn jedenfalls auch betriebliche Fahrten damit angetreten werden. Dabei handelt es sich regelmäßig um Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte sowie sonstige betrieblich veranlasste Fahrten, wie etwa Geschäftsreisen oder Fahrten zwischen verschiedenen Betriebsstätten.

Für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte sieht die Regelung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG statt des Abzugs der tatsächlichen Kosten den Abzug der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale vor. Sind die tatsächlichen Kosten für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln höher, sind diese Kosten als Betriebsausgaben abzugsfähig, soweit sie den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abzugsfähigen Betrag übersteigen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Für die weiteren betrieblich veranlassten Fahrten sind die tatsächlich entstandenen Kosten abzugsfähig Den Hauptfall dürfte der Erwerb einer betrieblichen Fahrtberechtigung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte darstellen:

In diesen Fällen werden regelmäßig die tatsächlichen Kosten nicht abzugsfähig sein, da sie geringer als die Entfernungspauschale sind. Damit ist in diesen Fällen der Ansatz einer Nutzungsentnahme bereits nicht erforderlich. Denn eine Entnahme scheidet aus, wenn sie zur Minderung als Betriebsausgabe angesetzten Entfernungspauschale führen würde.

Sollten die tatsächlichen Kosten die Entfernungspauschale übersteigen (insbesondere im Personenfernverkehr), käme die Entnahme nur bis zur Korrektur der die Entfernungspauschale übersteigenden Kosten in Betracht. Insoweit müsste nach allgemeinen Grundsätzen eine Aufteilung zwischen privater und betrieblicher Nutzung der Fahrtberechtigung erfolgen, obwohl es sich um vergleichsweise geringe Beträge handeln dürfte.

Beispiel

Unternehmer U fährt mit dem Zug von seiner Wohnung zur ersten Betriebsstätte. Er sucht die erste Betriebsstätte, die 15 Kilometer von seiner Wohnung entfernt ist, an 20 Tagen im Monat auf. Seine Monatskarte kostet

a) 49 € (Deutschlandticket)

b) 100 €.

Die als Betriebsausgaben abzugsfähige Entfernungspauschale beträgt monatlich:

15 Entfernungs-Kilometer x 0,30 € pro Entfernungs-Kilometer x 20 Kalendertage = 90 €.

Wie hoch sind die abzugsfähigen Betriebsausgaben?

Zu a)

Die Entfernungspauschale von 90 € ist als Betriebsausgabe abzugsfähig. Bei Ansatz der tatsächlichen Kosten für das Deutschlandticket von 49 € sind weitere 41 € außerbilanziell gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Zu b)

Die tatsächlichen Kosten für die Monatskarte von 100 € überschreiten den im Kalenderjahr insgesamt als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag von 90 €. Der Betrag von 100 € ist als Betriebsausgabe abzugsfähig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Abwandlung

U verwendet seine Monatskarte hin und wieder auch am Wochenende für private Fahrten. Ist eine Privatentnahme (Nutzungsentnahme) anzusetzen?

Zu a):

Die Entfernungspauschale von 90 € überschreitet bereits die tatsächlichen Kosten von 49 €. Da sich damit keine tatsächlichen Aufwendungen gewinnmindernd ausgewirkt haben, entfällt der Ansatz einer Privatentnahme.

Zu b):

Die tatsächlichen Kosten von 100 € überschreiten die Entfernungspauschale von 90 € um 10 €. Lediglich in Höhe von 10 € stellt sich die Frage der Erfassung einer Privatentnahme. Dafür müsste aufwändig eine Aufteilung im Verhältnis der vom Unternehmer/Mitunternehmer glaubhaft gemachten betrieblichen und privaten Fahrten vorgenommen werden. Auf diese Aufteilung sollte aus Vereinfachungsgründen verzichtet werden, wenn es sich – wie im Beispielsfall um geringfüge Beträge handelt.

Fazit

Einer gesonderten Regelung für die Ermittlung einer Privatentnahme bedarf es in diesen Fällen nicht.

Autoren:
Birgit Reindl
Quelle:
§ 4 Einkommensteuergesetz, R 4.2 Abs. 1 EStR