RICHARD BOORBERG VERLAG

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03.02.2020

Erbschaftsannahme in Italien

Erbschaftsteuer

Führt das italienische Rechtsinstitut der Erbschaftsannahme dazu, dass die Erbschaftsteuer nach deutschem Recht erst mit der Annahme entsteht?

Erbin E besitzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Nachdem ihr Vater V in Italien verstorben war, wurde sie durch Annahme der Erbschaft Miterbin. Zum Todeszeitpunkt des V hatte sie einen deutschen Wohnsitz. Als E – einige Monate später – die Annahme der Erbschaft erklärte, hatte sie ihren inländischen Wohnsitz aufgegeben und war nach Italien verzogen. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus Immobilien in Italien sowie aus Guthaben und Wertpapieren bei dortigen Banken. E war der Ansicht, ihr Erbe unterfalle nicht der deutschen Erbschaftsteuer, weil das italienische Recht nicht vorsehe, dass eine Erbschaft automatisch dem gesetzlichen Erben zufalle, sondern eine ausdrückliche Annahme der Erbschaft notwendig sei. Das Finanzamt besteuerte die Erbschaft dennoch: E habe zum Todestag des V einen Wohnsitz im Inland gehabt und unterliege damit der inländischen Steuerpflicht. Es spiele keine Rolle, dass E nach italienischem Recht die Erbschaft erst annehmen musste, um Erbin zu werden. Der Zeitpunkt des Entstehens der Steuer werde dadurch nach deutschem Recht nicht hinausgeschoben. Das italienische Rechtsinstitut der Erbschaftsannahme führe nicht dazu, dass die Erbschaftsteuer nach deutschem Recht erst mit der Annahme entstehe. Eine nach italienischem Recht notwendige Annahme einer Erbschaft stelle daher keine aufschiebende Bedingung für die nach deutschem Recht entstehende Steuer auf den Erwerb von Todes wegen zum Zeitpunkt des Todes des V dar. Das Finanzamt bekam beim Hessischen Finanzgericht Recht.

Quelle:
Hessisches FG, Urteil vom 22.8.2019, Az. 10 K 1539/17