RICHARD BOORBERG VERLAG

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19.03.2021

Entgangene Zinserträge

Einkommensteuer

Sind Schadensersatzzahlungen in Bezug auf entgangene Zinserträge immer steuerpflichtig?

Der Steuerpflichtige S erwarb im Jahr 1994 eine Eigentumswohnung, die ihm von der A-AG vermittelt worden war. Diese übernahm auch die Finanzierung über ein Vorausdarlehen, zwei Bausparverträge und ein Bauspardarlehen. Vorausdarlehen und Bauspardarlehen löste S vollständig ab. Wegen vermeintlicher Falschberatung im Zusammenhang mit Erwerb und Finanzierung der Eigentumswohnung führte S gegen die A-AG einen Zivilprozess, der durch einen gerichtlichen Vergleich beendet wurde, wonach die A-AG das Objekt verwerten lassen und S einen Verlustausgleich zahlen sollte. Dieser umfasste neben anderen Positionen auch entgangene Zinserträge aus der Verzinsung des Bausparguthabens und der Sondertilgungen in Höhe von insgesamt 33.000 EUR. Die entsprechende Zahlung erfolgte im Jahr 2013.

Das Finanzamt erfasste die 33.000 EUR im Einkommensteuerbescheid für 2013 als Entschädigung für entgangene Zinseinnahmen des S und damit als Einkünfte aus Kapitalvermögen. S war dagegen der Ansicht, dass es ihm nicht um die Fortsetzung des Bausparvertrags gegangen sei, sondern um den Ausgleich des Nachteils, der dadurch entstanden sei, dass er die zur Tilgung aufgewendeten Gelder nicht gewinnbringend habe anlegen können. Die Zahlung der A-AG aufgrund des Vergleichs stelle kein Entgelt für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung und auch keine Rückzahlung von Kapitalvermögen dar. Allein die Bezeichnung als „Zinsen“ im gerichtlichen Vergleich sei für die steuerrechtliche Einordnung unerheblich. Es handele sich nicht um Wertersatz für von der A-AG gezogene Nutzungsvorteile, da S im gerichtlichen Verfahren nicht die Rückabwicklung der Darlehensverträge beantragt habe. Vielmehr sei die Zahlung als Schadensersatz aufgrund der Falschberatung zu qualifizieren. Dies ergebe sich aus der Klageschrift des S, wonach er seine Ansprüche aus Pflichtverletzungen bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen und deliktische Ansprüche gestützt habe. Umfasse ein aufgrund eines zivilgerichtlichen Vergleichs zu zahlender Verlustausgleich auch Zinsen, führten diese nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn der Steuerpflichtige lediglich so gestellt werden solle, als habe er von vornherein mit seinem Prozessgegner keinen Vertrag geschlossen. S sei so gestellt worden, als ob er mit der A-AG nicht in Kontakt gekommen wäre, so dass sein negatives Interesse geschützt worden sei. S bekam beim Finanzgericht Münster Recht.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
FG Münster, Urteil vom 15.12.2020, Az. 2 K 2866/18 E