P verpachtete in den Streitjahren 2010 bis 2014 Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall.
P ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht mit den auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen insgesamt (umsatz-)steuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der bei P entstandenen Kosten zu 20% auf die Vorrichtungen und Maschinen entfalle und insoweit steuerpflichtig sei. Gegen die entsprechenden Änderungsbescheide legte P Einspruch ein, der keinen Erfolg hatte. Im erstinstanzlichen Finanzgericht dagegen hatte die Klage Erfolg. Auf die Revision des Finanzamts hin hatte der Bundesfinanzhof (BFH) das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) folgende Frage zur Auslegung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„Erfasst die Steuerpflicht der Vermietung von
auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen gemäß Art. 135 Abs. 2 [Satz 1] Buchst. c MwStSystRL nur die isolierte (eigenständige) Vermietung derartiger Vorrichtungen und Maschinen oder auch die Vermietung (Verpachtung) derartiger Vorrichtungen und Maschinen, die aufgrund einer zwischen denselben Parteien erfolgenden Gebäudeverpachtung (und als Nebenleistung zu dieser) nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL steuerfrei ist?“
Vorrang der einheitlichen Leistung gegenüber einem gesetzlich verankerten Aufteilungsgebot
Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG ist dahin auszulegen, dass er auf die Vermietung auf Dauer eingebauter Vorrichtungen und Maschinen keine Anwendung findet, wenn diese Vermietung eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.
Es ergebe sich kein Erfordernis, einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang in eigenständige Leistungen aufzuteilen. Im Fall einer wirtschaftlich einheitlichen Leistung, die zusammengesetzt ist aus einer steuerbefreiten Hauptleistung in Form der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks und einer mit der Hauptleistung untrennbar verbundenen Nebenleistung, grundsätzlich von dieser Befreiung ausgeschlossen ist, ist die Nebenleistung – gleichwohl – steuerlich ebenso zu behandeln wie die Hauptleistung.
Bei einem Umsatz, der verschiedene Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist also im Wege einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob getrennte Leistungen vorliegen, oder ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt.
Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen derartig miteinander verbunden sind, dass eine Aufspaltung wirtschaftlich unsinnig wäre. Dies gelte insbesondere bei Haupt- und Nebenleistungen. Nebenleistungen stellen typischerweise für den Kunden keinen eigenen Zweck dar, sondern dienen lediglich dazu, dass der Kunde die Hauptleistung optimal nutzen kann. Solche Nebenleistungen teilen das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung.
Dieser Interpretation folgt nun auch der BFH und hält nicht mehr an der bisherigen Annahme eines Aufteilungsgebots fest. Die Beurteilung bei Betriebsvorrichtungen entspricht damit der bei der Überlassung von Inventar.
Mögliche Praxisfolgen
In ähnlich gelagerten Fällen, etwa bei der Verpachtung von Kantinen oder Industrieanlagen, könnte und sollte geprüft werden, ob einheitliche Leistungen bei der Überlassung von Betriebsvorrichtungen vorliegen. Das allerdings hätte zur Folge, dass ein bislang möglicher Vorsteuerabzug hinsichtlich der steuerpflichtigen Überlassung der Betriebsvorrichtungen entfiele. Wer den Vorsteuerabzug erhalten will, müsste für die gesamte Vermietungsleistung auf die Steuerbefreiung verzichten (§ 9 Abs. 1 UStG).