RICHARD BOORBERG VERLAG

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21.02.2020

Ehrenämter in Personalunion

Einkommensteuer

Können Aufwandsentschädigungen bei in Personalunion ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeiten als Ortsvorsteherin sowie als Mitglied eines Ortschaftsrats steuerfrei sein?

Frau F ist von Beruf Kauffrau und bereits seit längerer Zeit Mitglied im Ortschaftsrat der Ortschaft O. O ist ein Stadtteil mit eigener Ortsverwaltung der Stadt S. Seit einiger Zeit hat F dort zugleich das Amt der Ortsvorsteherin inne. Die Stadt S entrichtete an F in den Jahren 2015 und 2016 jeweils eine steuerfreie Aufwandsentschädigung für die ehrenamtliche Tätigkeit. Die steuerfrei gewährte Aufwandsentschädigung für Ortsvorsteher der Ortschaften im Bereich der Stadt S betrug 2.496 EUR pro Jahr (monatlich 208 EUR), diejenige für die Mitglieder der Ortschaftsräte 2.040 EUR pro Jahr (monatlich 170 EUR). Im Jahr 2015 vereinnahmte F Bruttoarbeitslöhne von insgesamt 45.156 EUR, von denen 22.706 EUR auf ihre Tätigkeit als Ortsvorsteherin entfielen. Im Jahr 2016 erhielt F Bruttoarbeitslöhne von insgesamt 44.804 EUR, von denen 23.355 EUR auf ihre Tätigkeit als Ortsvorsteherin entfielen. Das Finanzamt behandelte den Jahresbetrag von 2.496 EUR für die Tätigkeit als Ortsvorsteherin als steuerfreie Einkünfte, qualifizierte diese jedoch als solche aus selbständiger Arbeit. Darüber hinaus gewährte das Finanzamt F bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit jeweils den Werbungskosten-Pauschbetrag von 1.000 EUR. Die Aufwandsentschädigungen von 2.040 EUR für die Tätigkeit als Ortschaftsrätin erfasste das Finanzamt in voller Höhe als steuerpflichtige Einkünfte aus selbständiger Arbeit. F war dagegen der Ansicht, die Steuerfreibeträge für die Aufwandsentschädigungen von 2.040 EUR (Ortschaftsrätin) und 2.496 EUR (Ortsvorsteherin) seien nebeneinander zu gewähren, insgesamt also in Höhe von 4.536 EUR. Es handele sich um zwei voneinander unabhängige Aufwandsentschädigungen für zwei kommunale Funktionen, die sich in ihren Tätigkeitsfeldern grundlegend unterschieden. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Baden-Württemberg Recht.

Quelle:
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.2019, Az. 3 K 1507/18