Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beträgt seit 2020 4.008 € und ab 2023 4.260 €. Zusätzlich besteht Anspruch auf einen Erhöhungsbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Kind in Höhe von 240 €. Zusätzlich ist gemäß § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages, dass die Steuerpflichtigen nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingverfahrens erfüllen, also insbesondere mit einem Ehegatten zusammen veranlagt werden, oder verwitwet sind. Das BMF-Schreiben vom 23.10.2017 erläutert in der Randnummer 6 hierzu, dass nur diejenigen Steuerpflichtigen alleinstehend im Sinne der Vorschrift sind, die während des gesamten Kalenderjahres entweder nicht verheiratet oder verpartnert sind, aber seit mindestens dem vorangegangenen Jahr dauernd getrennt leben. Eine zeitanteilige Gewährung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung oder der Trennung war nach Verwaltungsauffassung nicht möglich. Damit war regelmäßig zwischen der Finanzverwaltung und den betroffenen Personen streitig, wie im Jahr der Eheschließung zu verfahren ist. Zu dieser Frage nimmt jetzt aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Finanzverwaltung in einem BMFSchreiben Stellung. Dieses Schreiben wird nachfolgend erläutert.
Schreiben des BMF vom 23.11.2022
Der BFH hat mit seinen Urteilen vom 28.10.2021 (III R 57/20 und III R 17/20) entschieden, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung und im Trennungsjahr zeitanteilig in Anspruch genommen werden kann, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Finanzverwaltung legt die Urteile so aus, dass eine zeitanteilige Gewährung unabhängig von der gewählten Veranlagungsart gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG möglich ist. Damit kann der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende vom Steuerpflichtigen auch noch in Anspruch genommen werden, wenn er sich im Jahr der Eheschließung oder Trennung (noch) mit seinem Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagen lässt. Die „Sperrwirkung“ für das gesamte Kalenderjahr, die das Tatbestandsmerkmal „Nichterfüllung der Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingtarifs“ entfaltete, ist somit im Jahr der Trennung oder Eheschließung nicht mehr gegeben. Übrige (und letztlich einzige) Voraussetzung für das Tatbestandsmerkmal „alleinstehend“ im Jahr der Eheschließung oder Trennung ist also nunmehr, dass der Alleinerziehende tatsächlich keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Bildet der Steuerpflichtige also mit einer anderen volljährigen Person eine Haushaltsgemeinschaft, steht auch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Anwendung des Splittingtarifs der Gewährung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende nicht mehr entgegen. Im Ergebnis kann bei dauerndem Getrenntleben der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b Abs. 4 EStG zeitanteilig ab dem Monat der Trennung der Ehegatten/Lebenspartner beansprucht werden, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG erfüllt sind (Rz. 25 des BMF-Schreibens a.a.O.). Im Jahr der Eheschließung ist – sofern keine vorherige Haushaltsgemeinschaft vorlag – eine zeitanteilige Berücksichtigung bis zum Folgemonat der Eheschließung möglich.
Beispiel
Eheleute M und F wohnen mit ihrem gemeinsamen minderjährigen Kind X in einer Mietwohnung in Karlsruhe. M zieht am 31.07.2021 aus der gemeinsamen Wohnung aus und lebt seitdem in einer WG in Heidelberg. Kann F für das Jahr 2021 zeitanteilig einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende beanspruchen?
Lösung nach bisheriger Verwaltungsauffassung
Nein. Da für das Jahr 2021 die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens nach § 26 Abs. 1 EStG dem Grunde nach noch vorliegen, kann der Entlastungsbetrag nach § 24b EStG nicht gewährt werden.
Lösung nach neuer Verwaltungsauffassung
Ja. F steht im Jahr 2021 ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1.670 € (= 4.008 €/12 x 5 Monate) zu. Dies gilt unabhängig davon, ob M und F für das Jahr 2021 die Zusammenveranlagung oder Einzelveranlagung wählen.
Die o.g. Urteile des BFH werden allgemein angewandt und werden im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden. Für ihre Umsetzung ist das BMF-Schreiben zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende vom 23.10.2017 durch das BMF- Schreiben vom 23.11.2022, BStBl I S. 1634, ersetzt worden. Da die Anlage Kind bereits bisher eine zeitanteilige Berücksichtigung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende vorsah, wenn der Steuerpflichtige nicht im ganzen VZ alleinerziehend im Sinne der Vorschrift war, ist eine Anpassung der Vordrucke nicht notwendig.