RICHARD BOORBERG VERLAG

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22.01.2024

Bindungswirkung von Wertfeststellungsbescheiden bei mehreren Schenkungen

   

Ein für Zwecke der Schenkungsteuer gesondert festgestellter Grundbesitzwert ist für alle Schenkungsteuerbescheide, bei denen er in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließt, bindend. Das gilt auch für die Berücksichtigung eines früheren Erwerbs bei einem Nacherwerb (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz/ErbStG), also bei einer Schenkung, die innerhalb von zehn Jahren nach der ersten Schenkung erfolgt.

S hatte im Jahr 2012 von seinem Vater V einen Miteigentumsanteil an einem unbebauten Grundstück geschenkt bekommen. Das Finanzamt hatte den Grundbesitzwert festgestellt und der Besteuerung zu Grunde gelegt. Seinerzeit musste S keine Schenkungsteuer bezahlen, weil der Grundstückswert mit knapp 90.000 € unter dem gesetzlichen Freibetrag für Kinder in Höhe von 400.000 € lag. Im Jahr 2017 bekam S 400.000 € von V geschenkt. Da nach § 14 Abs. 1 ErbStG mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen sind, ermittelte das Finanzamt den Gesamtbetrag für beide Schenkungen in Höhe von 490.000 €. Auf dieser Basis setzte es für die Erbschaftsteuerklasse I Schenkungsteuer von rund 10.000 € fest. Bei der Ermittlung der Gesamtsumme der Schenkungen innerhalb des Zehn- Jahres-Zeitraums setzte das Finanzamt den Wert des geschenkten Grundstücks in der Höhe fest, in der er im Zusammenhang mit der Schenkung im Jahr 2012 festgestellt worden war. S meinte, der damals festgestellte Wert sei zu hoch und wollte ihn gemindert wissen. Bei der Schenkung im Jahr 2012 habe er sich nur deshalb nicht gegen den falschen Grundstückswert gewehrt, weil die Schenkungsteuer ohnehin mit 0 € festgesetzt worden sei. Der Einspruch gegen den Steuerbescheid wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Klage war erfolglos – in allen Instanzen.

Grundstückswerte gesondert festzustellen

Grundstückswerte sind – im Gegensatz zu Werten sonstiger Schenkungsgegenstände wie beispielsweise Geld –, für Zwecke der Schenkungsteuer in einem eigenen Verfahren gesondert festzustellen. Der festgestellte Grundstückswert ist dann nicht nur der Festsetzung der Schenkungsteuer zu Grunde zu legen, für die er angefordert worden sei, sondern auch nachfolgenden Schenkungsteuerfestsetzungen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren, die mit der Grundstücksschenkung zusammenzurechnen sind.

Sofortige Reaktion wäre notwendig gewesen

Hat der Beschenkte den festgestellten Grundstückswert für zu hoch gehalten, hätte er sich gleich gegen die Feststellung wenden müssen. Tut er das nicht und wird der Bescheid über den festgestellten Wert bestandskräftig, kann er die Unrichtigkeit bei den nachfolgenden Schenkungsteuerfestsetzungen nicht mehr mit Erfolg geltend machen.

Autoren:
Claudia Ossola-Haring
Quelle:
BFH, Urteil vom 26.07.2023 – II R 35/21