RICHARD BOORBERG VERLAG

×

25.04.2022

Betriebsunterbrechung über lange Zeit

   

Steht ein außergewöhnlich langer Zeitraum der Annahme einer Betriebsunterbrechung entgegen?

Anfang der 1930er-Jahre gründete Herr H einen Brotgroßhandel auf dem Grundstück S-Straße in S-Stadt. Auf dem Grundstück befanden sich zunächst die Hallen einer alten Fabrik. 1947 entfernte H die Hallen und errichtete einen Lagerraum für den Brotgroßhandel, mehrere Garagen sowie ein Wohn- und Verwaltungsgebäude. 1953 verkaufte H seinen Brotgroßhandel für 10.000 DM. Der Verkauf umfasste einen Lieferwagen und eine Kundenliste. Der Käufer betrieb den Brotgroßhandel nicht auf dem Grundstück des H. In der Folgezeit verpachtete H das Grundstück. 1956 erhielt der Lagerschuppen auf dem Grundstück eine Überdachung. Ein Teil der Gebäude wurde von einer Kaffeerösterei genutzt. 1975 wurden die vorhandenen, baufälligen Garagen entfernt. Es wurde eine Garagenhalle errichtet; die Lagerhalle wurde erweitert. Mit dem Tod des H im Jahr 1985 erbte dessen Ehefrau E das Grundstück. Als E 2001 verstarb, wurden ihre beiden Kinder Erben.

Seit 1953 wurden Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt. In den Erklärungen für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 2013 und 2014 gaben die beiden Erben Einkünfte aus der Nutzung des Grundstücks als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an. Mit Schreiben vom 23.9.2014 an das Finanzamt erklärten sie schließlich die „Aufgabe der Betriebsverpachtung“ des Grundstücks rückwirkend zum 24.6.2014. Die Betriebsaufgabeerklärung sei gegenstandslos, wenn bereits früher eine Betriebsaufgabe durch H erfolgt sei.

Das Finanzamt stellte im Gewinnfeststellungsbescheid für 2013 laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Für 2014 stellte das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn sowie laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest. Der Betrieb des H sei seit dem Jahr 1953 nur unterbrochen gewesen. Auch nach dem Verkauf des Brotgroßhandels sei mit dem Grundstück die wesentliche Betriebsgrundlage für die Fortsetzung des Betriebs erhalten geblieben. Ein außergewöhnlich langer Zeitraum stehe der Annahme einer Betriebsunterbrechung nicht entgegen. Die Aufgabe des Betriebs sei erst im Jahr 2014 durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt erfolgt. Die beiden Erben nach E begehrten dagegen die Umqualifizierung der laufenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in solche aus Vermietung und Verpachtung. Die übersehene Betriebsaufgabe durch H könne nicht in einem späteren Veranlagungszeitraum besteuert werden. H habe durch die Veräußerung seines gesamten Fuhrparks bereits die wesentlichen Betriebsgrundlagen seines Fuhrunternehmens veräußert.

Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Autoren:
Marcus Preu
Quelle:
BFH-Urteil vom 21.12.2021, Az. IV R 13/19