R erhielt von ihrer Mutter am 31.12.2010 schenkweise Beteiligungen an vier Kommanditgesellschaften, KG1, KG2, KG3 und KG4, übertragen. Das Finanzamt setzte die Schenkungsteuer in Höhe von 175.332 € fest. Dabei wurde für alle erworbenen KG-Beteiligungen die Regelverschonung des § 13a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 13b Abs. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der auf den Streitfall anwendbaren Fassung (ErbStG a.F.) in Höhe von 85%gewährt. Der Bescheid wurde im Anschluss aus nicht streitigen Gründen geändert.
In der Folge stellte das für die Bewertung zuständige Finanzamt die Werte der Anteile am Betriebsvermögen für Zwecke der Schenkungsteuer sowie die Verwaltungsvermögensquoten gesondert fest. Für den KG2-Anteil wurde eine Verwaltungsvermögensquote von 13,74% mitgeteilt. Für alle KG-Anteile zusammen lag die Quote unstreitig unter 10%. Unter Berücksichtigung der gesondert festgestellten Werte erhöhte das Finanzamt auf Grundlage der Regelverschonung die Schenkungsteuer auf 212.838 €.
Im Einspruchsverfahren gegen diesen Bescheid erklärte R unwiderruflich, dass für den gesamten Erwerb des begünstigten Vermögens die Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. (Vollverschonung) in Anspruch genommen werde. Sie vertrat die Meinung, bei konsequenter Anwendung der Verwaltungsauffassung, wonach der Antrag zur Vollverschonung nur einheitlich gestellt werden könne, sei auch die Verwaltungsvermögensquote einheitlich zu berechnen. Sollte demgegenüber die Verwaltungsvermögensquote je Betrieb zu ermitteln sein, müsse für den KG2-Anteil die Regelverschonung gelten. Das Finanzamt änderte die Steuerfestsetzung erneut und setzte die Steuer auf 99.161 € herab. Für die übertragenen Anteile an den KG1, KG3 und KG4 wurde die Vollverschonung, für den Anteil an der KG2 weder die Regel- noch die Vollverschonung gewährt. Einspruch und Klagen hatten keinen Erfolg.
Gesonderte Abgabe der Erklärung
Der bis zum 30.06.2016 für die Gewährung der Vollverschonung von Betriebsvermögen maßgebende Anteil des Verwaltungsvermögens ist auch bei mehreren gleichzeitig übertragenen wirtschaftlichen Einheiten für jede Einheit gesondert zu ermitteln.
Bei einer einheitlichen Schenkung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten kann die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für jede wirtschaftliche Einheit gesondert abgegeben werden. Daraus ergibt sich, dass bei einem Erwerb von mehreren selbstständig zu bewertenden wirtschaftlichen Einheiten des begünstigten Vermögens deren Werte vor der Anwendung der §§ 13a, 13c und 28a ErbStG nicht mehr zusammenzurechnen sind. Die Gewährung des Verschonungsabschlags nach § 13a Absatz 1 oder Absatz 10 ErbStG oder § 13c ErbStG ist für jede wirtschaftliche Einheit separat zu prüfen. Die Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) R E 13a.1 Absatz 2 Satz 3 und 13b.8 Absatz 1 Satz 1 und 2 ErbStR sind nicht mehr anzuwenden.
Aus der gesonderten Antragstellung für jede wirtschaftliche Einheit folgt, dass in einem Steuerfall mit mehreren wirtschaftlichen Einheiten begünstigten Vermögens nebeneinander die Regelverschonung und die Optionsverschonung zur Anwendung kommen können. Auch wenn kein Antrag auf Optionsverschonung gestellt wird, ist eine getrennte Berechnung der Steuerbefreiung für jede wirtschaftliche Einheit durchzuführen.
Bei gleichzeitiger Übertragung von mehreren wirtschaftlichen Einheiten, die zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des § 13b Absatz 1 ErbStG gehören, ist bei der Ermittlung des begünstigten Vermögens nach § 13b Absatz 2 ErbStG wie bisher jede wirtschaftliche Einheit einzeln zu betrachten. Die Darstellung im Beispiel zu H E 13b.8 „Entlastungen beim Erwerb mehrerer Arten begünstigten Vermögens“ Erbschaftsteuer-Handbuch (ErbStH) ist überholt.
Keine Vollverschonung – keine Regelverschonung
Wurde die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen an die Vollverschonung nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren, selbst wenn deren Voraussetzungen erfüllt wären. R E 13a.21 Absatz 1 und Absatz 4 ErbStR sind nicht mehr anzuwenden. Wurde die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen hierfür nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren. Ein Rückfall auf die Regelverschonung kommt nicht in Betracht. Dies gilt selbst dann, wenn nur eine wirtschaftliche Einheit Übertragungsgegenstand ist.