RICHARD BOORBERG VERLAG

×

25.10.2021

Aufstiegsfortbildung zum Industriemeister

   

Sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aufgrund von Darlehenserlassen zu erhöhen, die nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (AFBG) gewährt wurden?

Die Steuerpflichtige S ist bei der A-AG beschäftigt und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jahr 2014 nahm S an einer Aufstiegsfortbildung zur geprüften Industriemeisterin Metall an einer Akademie teil. Während der Dauer der Fortbildung, die nicht auf Weisung der A-AG erfolgte, zahlte die A-AG weiterhin Arbeitslohn an S, weil diese für die Teilnahme an der Fortbildung ihren Urlaub sowie Zeiten aus ihrem Arbeitszeitkonto in Anspruch nahm. Mit Bescheid vom 27.6.2014 über die Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung aufgrund des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) stellte die Investitions- und Förderbank gegenüber S für ihre Aufstiegsfortbildung zur geprüften Industriemeisterin Metall für den Bewilligungszeitraum Juli 2014 bis November 2014 für die Kosten der Lehrveranstaltung eine Gesamtabrechnung auf und ermittelte die an S zu leistenden Beträge: Zuschuss von 1.598,20 EUR und Darlehen von 3.641,80 EUR.

Nach dem Rahmendarlehensvertrag würden dem Darlehensnehmer im Fall des Bestehens der Fortbildungsprüfung gegen Vorlage des Prüfungszeugnisses 40 % des zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewordenen Darlehens für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren erlassen. Am 6.7.2018 teilte die Investitions- und Förderbank S mit, dass ihr nach bestandener Abschlussprüfung 40 % des valutierenden Darlehens für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren erlassen werden könnten. Der Erlass von 1.204 EUR werde zum 30.9.2018 ausgebucht und reduziere den zurückzuzahlenden Darlehensbetrag.

S machte in ihrer Einkommensteuererklärung für 2018 geltend, dass der teilweise Erlass des Darlehens nicht ihren Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit, sondern der privaten Lebensführung zuzuordnen sei. Sie war der Ansicht, dass es sich bei dem Darlehenserlass in Höhe von insgesamt 1.204 EUR nicht um Arbeitslohn handele, da die Einnahme nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst sei. Das Darlehen sei dem privaten Bereich zuzuordnen. Der Darlehenserlass sei auch kein Ersatz von Werbungskosten. Es handele sich vielmehr um eine Belohnung bzw. Anerkennung für das Bestehen der Fortbildungsprüfung ohne einen Zusammenhang mit den entstandenen Aufwendungen. Das Finanzamt erhöhte dagegen im Einkommensteuerbescheid für 2018 bei den Einkünften der S aus nichtselbstständiger Arbeit den erklärten Bruttoarbeitslohn wegen des Darlehenserlasses der Investitions- und Förderbank um 1.204 EUR.

S bekam beim Niedersächsischen Finanzgericht Recht.

Autoren:
Marcus Preu
Quelle:
Niedersächsisches FG, Urteil vom 31.3.2021, Az. 14 K 47/20