RICHARD BOORBERG VERLAG

×

04.10.2021

Aktive Rechnungsabgrenzungsposten

   

Sind aktive Rechnungsabgrenzungsposten auch bei geringfügigen Beträgen unterhalb der 410 EUR-Grenze für den Sofortabzug geringwertiger Wirtschaftsgüter zu bilden?

Der Steuerpflichtige S erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Zu insgesamt 15 zeitraumbezogenen und vorausgezahlten Aufwendungen bildete er in den Jahren 2015 bis 2017 keine aktiven Rechnungsabgrenzungsposten.

S war der Ansicht, dass wegen der geringen Bedeutung der Aufwendungen Rechnungsabgrenzungsposten nicht gebildet werden müssten. Für die Frage, wann ein Fall von geringer Bedeutung vorliege, orientiere er sich an der 410 EUR-Grenze für den Sofortabzug geringwertiger Wirtschaftsgüter. Der Grundsatz der Wesentlichkeit gebiete, unwesentliche Elemente bei der Bilanzierung und Bewertung außer Betracht zu lassen. So lasse das HGB an mehreren Stellen erkennen, dass aus unterschiedlichen Gründen der Ausweis unwesentlicher Positionen entbehrlich sei. Das EStG verzichte in bestimmten Fällen ebenfalls auf einen periodengerechten Ausweis.

Das Finanzamt hielt den Ansatz aktiver Rechnungsabgrenzungsposten in den Einkommensteuerbescheiden für 2015 bis 2017 dagegen für erforderlich, erhöhte die Gewinne aus Gewerbebetrieb des S um 1.341 EUR (2015), 1.550 EUR (2016) sowie 1.315 EUR (2017) und löste die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten im jeweiligen Folgejahr gewinnmindernd auf. Auf eine Rechnungsabgrenzung könne auch in Fällen von geringer Bedeutung nicht verzichtet werden. Eine analoge Anwendung der 410 EUR-Grenze für den Sofortabzug geringwertiger Wirtschaftsgüter komme nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe bewusst auf die Schaffung einer vergleichbaren Regelung für Rechnungsabgrenzungsposten verzichtet. Ein Wahlrecht verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Eine periodengerechte Abbildung von Aufwendungen unterhalb der 410 EUR-Grenze stehe im Einklang mit den Bilanzierungsgrundsätzen der Vollständigkeit und der Wahrheit. Aktive Rechnungsabgrenzungsposten seien auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz lasse sich eine Einschränkung der Pflicht zur Bildung auf wesentliche Fälle entnehmen.

Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Autoren:
Marcus Preu
Quelle:
BFH-Urteil vom 16.3.2021, Az. X R 34/19