Der damals 70 Jahre alte Steuerpflichtige S war im Jahr 2018 mit einem Grad von 90 behindert. Er litt unter Morbus Bechterew im fortgeschrittenen Stadium, rheumatischen Beschwerden mit starken Schmerzattacken und einer Kälteallodynie, bei der Kältereize als Schmerz empfunden werden. Aufgrund einer amtsärztlichen Bescheinigung vom Oktober 2018 erfolge ein Aufenthalt des S „in den Wintermonaten in tropischem Klima aus gesundheitlichen Gründen. Die Vermeidung von Kälte und Feuchtigkeit sowie die vermehrte Sonnenbestrahlung führten zu einer Linderung der Beschwerden.“
Dass ein Aufenthalt in tropischem Klima im Winter für die Gesundheit des S förderlich sei, bescheinigten auch andere Fachärzte. Im Oktober 2018 reiste S nach Thailand, wodurch ihm Kosten für Miete, Flug und Zug entstanden, die er in seiner Einkommensteuererklärung für 2018 als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Das Finanzamt erkannte diese jedoch nicht an.
Aufwendungen für eine der Behandlung einer Krankheit dienende Reise seien nur dann als zwangsläufige außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn die Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig und eine andere Behandlung nicht oder kaum erfolgversprechend sei. Die Zwangsläufigkeit einer Klimakur sei formalisiert durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. Der von S eingereichte amtsärztliche Nachweis entspreche diesen Anforderungen nicht. Gerade in Fällen einer Klimakur sei es erforderlich, dass ein bestimmter medizinisch angezeigter Kurort und die voraussichtliche Kurdauer bescheinigt würden, um eine Abgrenzung zu Erholungsreisen zu gewährleisten und Missbrauch entgegenzuwirken. Die Angabe „in tropischem Klima“ sei für die Bezeichnung des Kurorts nicht hinreichend konkret. Die pauschale Benennung einer Region der Erde reiche nicht aus, um den strengen formellen Anforderungen zu genügen. Die Angabe „in tropischem Klima“ in einem amtsärztlichen Attest reiche zur Bestimmung des Kurorts nicht aus, so dass Kosten für die Überwinterung eines an Kälteallodynie Leidenden in Thailand nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien. Die Kosten für die Überwinterung des S in Thailand stellten somit keine außergewöhnlichen Belastungen dar.
Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Münster Recht.