RICHARD BOORBERG VERLAG

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20.04.2023

Digitalisierung

Nutzen von Arbeit 4.0 in der Inklusion

Eine neue Zukunft für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen am ersten Arbeitsmarkt und in der WfbM?

Insbesondere in die Bereiche der Behindertenhilfe ist die Digitalisierung noch nicht ausreichend vorgedrungen. Das gilt ganz besonders für die Bereiche der Behindertenhilfe mit pflegerischen Anteilen oder beruflichen Teilhabebereiche – zum Beispiel in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM).

Dr. Annika Reinersmann, Stabstelle Wissenschaft, Forschung und Evaluation, LWL-Inklusionsamt Arbeit, Münster

Prof. Dr. Carsten Röcker, Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Lemgo

1.  Einleitung

Digitalisierung bezeichnet eine Umwandlung von analogen Geräten, Informationen oder manuellen Handlungen und steht zugleich für eine Entwicklung oder Bewegung unserer Zeit, die in den vergangenen Jahren besondere Dynamik erfahren hat.1 Die Digitalisierung ist zu einer Bewegung geworden, die nahezu alle Regionen des alltäglichen Lebens und der Arbeit „besetzt“ hat.2 „Alle Regionen der Landkarte“? – mögen Sie jetzt in René Goscinnys Manier fragen. Und ebenso wie bei Asterix und Obelix muss die Antwort lauten: Nein, nicht alle Regionen der Landkarte sind „erobert“.

Insbesondere in die Bereiche der Behindertenhilfe ist die Digitalisierung noch nicht ausreichend vorgedrungen. Das gilt ganz besonders für die Bereiche der Behindertenhilfe mit pflegerischen Anteilen oder beruflichen Teilhabebereiche – zum Beispiel in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM).

Doch anders, als in dem kleinen gallischen Dorf von Asterix und Obelix wird kein aktiver Widerstand gegen eine „Eroberung“ durch digitale Technologien oder Unterstützungssysteme geleistet. Vielmehr wird die Digitalisierung gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel als Chance gesehen, diesem zu begegnen und wichtige Tätigkeiten digital assistierend übernehmen zu lassen.3 Auch werden durchaus die Potenziale erahnt, die die digitalen Assistenzsysteme bieten, um schwerbehinderte Menschen selbstbestimmt und gleichberechtigt sowohl in der WfbM als auch am allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigen zu können.

Doch gerade weil die Welle der Digitalisierung noch nicht ausreichend in die Bereiche der beruflichen Teilhabe vorgedrungen ist, wissen Fachkräfte und Unternehmen häufig zu wenig darüber, welche Möglichkeiten zur Assistenz es gibt, wie diese genutzt und akzeptiert werden oder wie man überhaupt „daran kommt“. Insgesamt wissen auch die „Erschaffer“ von digitalen Assistenztechnologien noch viel zu wenig darüber, wie die digitale Arbeitsunterstützung im Bereich der beruflichen Teilhabe „funktionieren“. Welche Praxistauglichkeit bringen die bereits bestehenden Assistenzsysteme mit, welchen Nutzen ziehen Menschen mit Behinderung (MmB) aus digitalen Technologien und Medien und welchen Zugang haben sie überhaupt dazu?

Die Möglichkeiten und Auswirkungen der Digitalisierung im Rahmen der Behindertenhilfe und der Inklusion sind – kurzgesagt – weitestgehend unerforscht. Wie ein weißer, unbesetzter Fleck auf der Landkarte eben.

 

2.  Digitale Technologien und Medien der Behindertenhilfe

Im Bereich der Arbeitswelt werden seit einigen Jahren Assistenzsysteme in Produktionsstätten mit einfachen oder komplexen Montageketten zur Arbeitsunterstützung eingesetzt.4 So werden einzelne Arbeitsabläufe mit verschieden medial untermalten Anleitungen oder Feedbackschleifen ausgestattet, die es schwerbehinderten Arbeitnehmern ermöglichen können, selbstständiger zu arbeiten. Mediale Unterstützung bedeutet: Arbeitsschritte werden visualisiert und können „abgeschaut“ oder „vorgeführt“ werden – auf einem Tablet, einer Übertragung auf einem Computerbildschirm oder in einer App. Eine App kann auch akustische Signale setzen oder verbale Anleitungen geben.

Doch nicht nur das: Arbeitsschritte können auch mit Datenhandschuhen unterstützt werden, die helfen, sich zu orientieren, die eine Hand navigieren oder über taktile oder Kraftrückkopplungen Signale setzen. Ein besonderer Bereich der Arbeitsunterstützung erfolgt mit Systemen, die virtuelle oder augmentierte Realitäten nutzen.

Virtuelle Realität (VR abgekürzt) meint, dass (wie in einem Computerspiel) eine Wirklichkeit simuliert wird5 – ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Film „The Matrix“ (1999). Diese computergenerierte Wirklichkeit oder Umgebung wird dann auf einen am Arbeitsplatz situierten Bildschirm oder ein Tablet übertragen.

In den industriellen Arbeitsgebieten ist das gängigste Medium zur Übertragung die sogenannte VR-Brille, ein Brillenmodell, bei dem die computergenerierte Wirklichkeit oder Umgebung auf die Brillengläser übertragen wird, die wie „Computerbildschirme“ funktionieren. Dabei taucht der Nutzer vollkommen in die simulierte Arbeitsumgebung ein – „Immersed“ bzw. Immersion heißt dieses Eintauchen. Gerade aufgrund dieser spezifischen Brilleneigenschaft des kompletten „Ausblendens“ der Umgebung ist die VR-Brille für schwerbehinderte Menschen nur bedingt zu nutzen. Hier bedarf es weiteren User-freundlichen Entwicklungen.

Eine Weiterentwicklung der VR ist die sogenannte „angereicherte“ (augmentierte) Realität.6 Das sind Umgebungen, in denen keine komplette virtuelle Welt generiert wird, sondern die bestehende Sicht auf eine Umgebung um virtuelle, zusätzliche Informationen ergänzt wird.7 So lassen sich bspw. akustische Informationen visualisiert über die Datenbrille (AR-Brille) einblenden. Hörbeeinträchtigte Arbeitnehmer können so manuelle Montagearbeiten durchführen.8 Ebenso ist vorstellbar, dass Menschen mit Sehbehinderung über Sprachaus gaben akustische Orientierung oder über stark beleuchtete Pfeile Warnsignale dargeboten werden. Neben selbstlernender Computersoftware und interaktiven Apps können auch kommunikative Prozesse erleichtert oder angereichert werden. Hebehilfen9, Exoskelette10, kollaborative11 oder mobile12 Roboter können assistieren bei arbeitsbezogenen Handlungen i.S.d. Kompensation/Augmentation oder Teile manueller Tätigkeiten übernehmen.13

Selbst „menschliche“ Unterstützung oder „Begleitung“ kann digitalisiert werden, wie bspw. die elektronischen Jobcoaches14, die Arbeitsassistenzen oder Feedbackschleifen anreichern, da, wo aufgrund des Fachkräftemangels bspw. der Jobcoach nicht zur Verfügung ist oder in dem Umfang zur Verfügung gestellt werden kann, wie das notwendig wäre. Ein Beispiel für solch eine in einem Forschungsprojekt entwickelte und hilfreich erlebte App ist der InA.Coach, der nun hinsichtlich der Praxistauglichkeit durch eine verstetigende Förderung des Inklusionsamts aktuell in der Praxis erprobt werden kann.15

Bevor eine berufliche Teilhabe mithilfe solcher digitaler Assistenztechnologien jedoch breitflächig umgesetzt werden kann, bedarf es zweier vorausgehender oder zumindest gleichzeitiger Entwicklungen: zum einen muss der Gesetzgeber die rechtliche Grundlage regeln. So ist bspw. zu klären, inwiefern die Bereitstellung einer Datenbrille oder eines Tablets mit assistierender, selbstlernender Computersoftware oder auch die bedarfszentrierte Anpassung von im Betrieb bestehender Datenbrillen als technische Hilfe am Arbeitsplatz im Sinne des SGB IX (§185 Abs. 3 SGB IX) geltend gemacht werden kann. Neben der adäquaten Rechtsgrundlage braucht es aber vor allem eine solide praktische Erprobung im Rahmen interdisziplinärer Forschung. Das befürwortet auch das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung.16

Seit einigen Jahren verzeichnet sich hierzu eine insgesamt erfreuliche Entwicklung, denn immer mehr Hochschulen schließen sich in vom Land geförderten interdisziplinären Forschungsprojekten zusammen und erproben digitale Assistenzsysteme in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM). Gute Beispiele hierfür sind das Projekt RegHUB-S317, EL418 und KI.Assist19.

In dem Projekt RegHUB-S3 fand eine mehrphasige Erprobung der Nützlichkeit digitaler Assistenzen statt. In der ersten Phase wurden die Arbeitsbedarfe der zumeist kognitiv beeinträchtigten Beschäftigten und die Anforderungen der WfbM-Arbeitsumgebungen analysiert, um abschätzen zu können, welche der vorhandenen Assistenztechnologien in welcher WfbM sinnhaft erprobt werden kann.

Eine an diese Anforderungen angepasste Auswahl an Assistenztechnologien wurde in der zweiten Phase, gefördert durch das Ministerium für Forschung und Innovation, unterstützt durch die Gesellschaft für Bildung und Berufe e.V. (GBB) in der Diakonie Recklinghausen, getestet und evaluiert.20 Zu dieser Erprobung gehörten sogenannte „Pick by Light“ Systeme21 bei denen mit Lichtsignalen oder lichtuntermalten Arbeitsanweisungen, übertragen auf einen Arbeitstisch, Kommissionierungen oder einfache Montageschritte assistiert werden. Neben VR-AR-Datenbrillen22 wurden auch sogenannte kollaborative Roboter23 getestet, bei denen Roboter Teil-Arbeitsschritte ergän zen wie bspw. das Anreichen oder Halten einer Schraube, auf die eine Mutter montiert wird.

Auch das Projekt KI.Assist24 wurde mit Drittmitteln gefördert (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), um der Frage nachzugehen, welche Personenkreise von digitalen Assistenzen profitieren und in welchen Arbeitsumgebungen der Einsatz solcher Systeme sinnvoll ist. KI.Assist diskutiert auch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der beruflichen Rehabilitation in Bezug auf ethische Aspekte25, Datensouveränität26, technologischer Akzeptanz27 und Schritte zur Einführung transformatorischer Prozesse28. Ausführliche Projektergebnisse sowie eine sehr gut aufgearbeitete Übersicht vorhandener Technologien liefert der frei zugängliche Ergebnisbericht.29

Viele der vorhandenen digitalisierten Hilfen oder Assistenzsysteme sind jedoch noch nicht marktreif oder wie in dem Projekt RegHUB – S3 nur in einzelnen Werkstätten oder im Rahmen von Pilotprojekten auf Nutzen und Praxistauglichkeit erprobt.30

Inwiefern solche Systeme also auch auf ausgelagerte Arbeitsplätze in Betrieben oder Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes transferiert werden könnten, ist weitestgehend unerforscht. Dies betrifft nicht nur eine kritische Auseinandersetzung mit ethischen, sozialen31 oder rechtlichen32 Fragestellungen. Gerade in der Behindertenhilfe bedarf es noch mehr Untersuchungen danach, wie Berührungsängste und Kompetenzen im Umgang mit digitalen Assistenzen abgebaut werden können, wie eine nutzerfreundliche Anwendung und Verständlichkeit erhöht werden kann und so insgesamt die Praxistauglichkeit in verschiedensten Arbeitsumgebungen verbessert wird. Sogenannte FabLabs (offene Werkstätten) bieten hierzu Räume zur niedrigschwelligen Erprobung individueller digitaler Hilfen, wo unter anderem auch Werkstattbeschäftigte selbst testen und bewerten können. Die Ergebnisse solcher Testungen werden zur Weiterentwicklung genutzt – ein Ansatz, mit dem das Forschungsprojekt EL433 probiert, die berufliche Teilhabe durch digitale Assistenz zu verbessern. Insgesamt steht die digitale Bewegung im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben jedoch am Anfang. Sowohl die Analyse des Transferpotenzials für den allgemeinen Arbeitsmarkt als auch die „in-situ“ Testung der Praxistauglichkeit in Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarkts steht aus.

 

3.  Hindernisse in der digitalen Entwicklung und Verbreitung

Die Etablierung von digitalen Technologien oder Assistenzsystemen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist durch viele Faktoren erschwert. Zunächst vor allem durch finanzielle Förderbedingungen. Viele Forschungsprojekte fördern i.S.v. Pilotstudien den ersten Erkenntnisgewinn. Eine Anschlussfinanzierung zur Verstetigung positiv erprobter Systeme ist noch nicht regelhaft in den gängigen Forschungsförderprogrammen vorgesehen.34 Pilotstudien mit Prototypen können daher nur in einer ersten Testphase erprobt werden.

Zum anderen ist der Transfer und die Verbreitung auch dadurch erschwert, dass digitale Systeme überwiegend spezifisch auf das jeweilige Arbeitsfeld zugeschnitten sind. So sind gerade bei manuellen Montagearbeiten viele mechatronischen Unterstützungshilfen räumlich an den Arbeitsplatz gebunden. Doch auch wenn Unternehmen gewillt sind, den individuellen Arbeitsplatz mit einem digitalen System auszustatten, bleibt ein wesentlicher weiterer Nachteil: die meisten bestehenden Systeme können lediglich einfache Handlungsschritte simulieren oder assistieren. In den Produktionslinien der Betriebe am allgemeinen Arbeitsmarkt und mittlerweile auch in vielen WfbMs werden jedoch komplexere Handlungsabfolgen gefordert.

Die Übertragung solcher Assistenzsysteme auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist also nicht nur schwierig, weil es an finanzieller Förderung mangelt, weil man das Transferpotenzial eines Systems nicht kennt oder weil die räumliche Gebundenheit eines Systems an den Arbeitsplatz eine betriebsinterne Implementierung für Unternehmen unattraktiv macht (unzureichender „Kosten-Nutzen“ Effekt).

Vielmehr gereichen die jetzigen Technologien oder Assistenzsysteme in ihrem Unterstützungsumfang „zu kurz“ bzw. befähigen den MmB noch nicht ausreichend dazu, die tatsächlichen Arbeitsplatzanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu erfüllen. Mit anderen Worten: die digitale Unterstützung erfolgt nicht ausreichend orientiert am Bedarf des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers.

 

4.  Personalisierte Assistenz als Schlüssel zum Erfolg

Anders verhält es sich mit neueren, mobilen digitalen Assistenzsystemen.35 Solche Systeme sind in der Lage zeit- und orts- unabhängig, angepasst an den individuellen Unterstützungsbedarf des Menschen und an die betriebsspezifische Umgebung sowohl einfache als auch komplexe Handlungsabfolgen zu assistieren. Das heißt, solche flexiblen Assistenzsysteme befähigen MmB zur eigenständigen Arbeitsleistung, indem notwendige Arbeitsschritte oder Hilfestellungen über unterschiedliche Ausgabekanäle (z.B. Projektionen von Bildern oder Videos) und multimodale Interaktionen (z.B. Sprach- oder Gestensteuerung) – angepasst an die jeweiligen personenbezogenen Bedarfe und unternehmensspezifischen infrastrukturellen Gegebenheiten abgerufen werden können. Besonders hervorzuheben ist die „in-situ“ Flexibilität des Systems – das System agiert so dynamisch, dass es sich in seinem Umfang der Assistenzleistung an situative individuelle Leistungsschwankungen skalieren kann. Damit assistiert das System sozusagen an „guten wie an schlechten“ Tagen. Ein solches System wurde bspw. durch das Fraunhofer IOSB-INA zusammen mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe entwickelt und in einigen Vorstudien in WfbM und Inklusionsbetrieben erprobt.36

Als besonders positiv hervorzuhebender Effekt zeigte sich, dass mithilfe des Systems ein „Nebeneinander“ von Arbeitnehmern ohne Behinderung und Arbeitnehmern mit Behinderung möglich wurde. Insbesondere dieses inklusive Merkmal zeichnet das System als eine Chance für berufliche Teilhabe mithilfe von Digitalisierung aus.

Doch wie auch bei anderen projektgebundenen Vorstudien ist für die nun eigentlich notwendige und anstehende Überprüfung der Tauglichkeit der entwickelten Assistenzplattform keine weitere Finanzierung vorgesehen. Besondere Fragestellungen, wie bspw. die genauen Anforderungen an die bedarfszentrierte Skalierbarkeit von arbeitsrelevanten Informationen oder regelhaften und nicht-regelhaften Arbeitsplatzanforderungen können somit noch nicht genau geklärt werden – weder für Arbeitnehmer- noch Arbeitgeberseite. Und das wiederum hindert den Transferprozess auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Die hierfür notwendigen breit angelegten Machbarkeitsuntersuchungen, die die praxisbezogenen Erfahrungswerte liefern, stehen aus, weil bisher die zur Umsetzung notwendige Finanzierung fehlte. Das soll sich jetzt ändern.

 

5.  Praxisnahe Validierung durch Innovationsgutscheine des LWL-Inklusionsamt Arbeit

Das LWL-Inklusionsamt Arbeit hat sich auf die Fahne geschrieben, die Potenziale der Digitalisierung zur Verbesserung der beruflichen Teilhabe von MmB nicht ungenutzt zu belassen. Im Rahmen des am LWL-Inklusionsamt Arbeit etablierten Förderbereichs „Verstetigungsforschung“ ist nun ein Kooperationsprojekt mit den Systementwicklern des Fraunhofer IOSB-INA, der delta3 GmbH und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe initiiert worden, das das Transferpotenzial und die Praxistauglichkeit für die breite Fläche untersucht.

Über sogenannte Innovationsgutscheine, das sind Formen finanzieller Förderung, unterstützt das LWL-Inklusionsamt Arbeit solche Unternehmen, die an einer Erprobung im eigenen Betrieb interessiert sind, Menschen mit Behinderung bereits beschäftigen und/oder noch weitere MmB beschäftigen wollen und deren „Digitalisierungspotenzial“ gegeben ist. Ziel ist die Verstetigung des Systems in der Praxis – deswegen ist es auch ein Projekt der Verstetigungsforschungsförderung.

Es sind Projekte wie diese, die nötig sind, um die Auswirkungen und positiven Chancen der Digitalisierungsbewegung für Menschen mit Behinderung erkunden zu können. Denn – so zeigen Projektberichte wie die des KI.Assist: Es bleiben Aufklärungsbedarfe zu bestehenden KI-Technologien und sinnvollen, tragfähigen Einsatzmöglichkeiten – es gilt, Kompetenzen im Umgang mit den Systemen auf beiden Seiten zu vermitteln, und durch bedarfsorientierte, technische und infrastrukturelle Analysen die erforderlichen Wissensbestände anzureichern.

Damit der „weiße Fleck auf der Landkarte“, bzw. der „bisher unbesetzte Fleck in Galizien“ auch von den positiven Chancen der Digitalisierung erobert werden kann.

 

Anmerkungen

1   Siehe u.a. Ross, A. (2016). The Industries of the Future. Simon & Schuster, London, UK; Brynjolfsson, E., McAfee, A., Pyka, P. (2015). The Second Machine Age. Wie die nächste digitale Revolution unser aller Leben verändern wird. Börsenmedien AG, Kulmbach.

2   Suesskind, R., Suesskind, D. (2015). The Future of the Professions: How Technology will Transform the Work of Human Experts. Oxford University Press, New York.

3   Siehe bspw. Spath, D., Ganschar, O., Gerlach, S., Hämmerle, M., Krause, T., Schlund, S. (2013). Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0. Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, Stuttgart, Germany; Daheim, C., Wintermann, O. (2016). 2050: Die Zukunft der Arbeit. Ergebnisse einer internationalen Delphi-Studie des Millennium Project. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh; Windelband, L. (2014). Zukunft der Facharbeit im Zeitalter „Industrie 4.0“. In: Journal of Technical Entertainment Vol. 2, No. 2, pp. 138 – 160.

4   Baechler, Andreas & Bächler, Liane & Autenrieth, Sven & Kurtz, Peter & Kruell, Georg & Hoerz, Thomas & Heidenreich, Thomas. (2016). The Development and Evaluation of an Assistance System for Manual Order Picking - Called Pick-by- Projection - with Employees with Cognitive Disabilities. 9759. 321-328. 10.1007/978-3-319-41267-2_45; Aksu, V., Jenderny, S., Kroll, B., Röcker, C. (2018a). A Digital Assistance System Providing Step-by-Step Support for People with Disabilities in Production Tasks. In: T. Z. Ahram, C. Falcão (Eds.): Advances in Usability, User Experience and Assistive Technology. Springer International Publishing, Cham, Switzerland, pp. 775 – 785; Aksu, V., Jenderny, S., Martinetz, S., Röcker, C. (2018b). Providing Context-Sensitive Mobile Assistance for People with Disabilities in the Workplace. In: G. Di Bucchianico (Ed.): Advances in Design for Inclusion. Springer International Publishing, Cham, Switzerland, pp. 3 – 14; Blattgerste, J., Renner, P., and Pfeiffer, T. (2019). “Augmented Reality Action Assistance and Learning for Cognitively Impaired People. A Systematic Literature Review” in The 12th PErvasive Technologies Related to Assistive Environments Conference (PETRA ’19) (New York, NY, USA: ACM).

5  Greengard, S. (2019). Virtual Reality. The MIT Press, Cambridge, MA.

6   Heng, S., Hörster, A.-K., Karollus, A. (2015). Augmented Reality: Bei Spezialanwendungen sollte Deutschland von dynamischem Zukunftsmarkt profitieren können. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, Frankfurt am Main, Deutschland.

7   Campbell, M., Kelly, S., Jung, R., Lang, J. (2017). The State of Industrial Augmented Reality 2017. PTC, Boston, MA, USA.

8   Vom Stein, A., Günthner, W. (2017) Work-by-Inclusion – Inklusives Informationssystem für die Kommissionierung mittels Datenbrille. Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb, Vol. 112, No. 10, pp. 670 – 674.

9   Knott, V., Bengler, K. (2017). Entwicklung, Aufbau und Verifikation einer körpergetragenen Hebehilfe zur Unterstützung Lasten-hebender Arbeitnehmer. Schlussbericht des BMBF-Verbundprojekts „Körpergetragene Hebehilfe“. Lehrstuhl für Ergonomie, Technische Universität München.

10 Kaupe, V., Feldmann, C., Lucas, M. (2021). Exoskelette in der Intralogistik: Erfolgreich implementieren und Prozesse optimieren. Springer Fachmedien, Wiesbaden.

11 Drolshagen, S., Pfingsthorn, M., Gliesche, P., Hein, A. (2021). Acceptance of Industrial Collaborative Robots by People with Disabilities in Sheltered Workshops. Frontiers in Robotics and AI, 7:541741.

12 Morignot, P., Soury, M., Leroux, C., Vorobieva, H., Hède, P. (2010). Generating Scenarios for a Mobile Robot with an Arm: Case Study: Assistance for Handicapped Persons. In: Proceedings of the 11th International Conference on Control Automation Robotics & Vision, pp. 976 – 981.

13 Petersen, T., Knobloch, K., Hombücher, V., (2021). Digitale Technologien sind unterschiedlich stark verbreitet. Digitalisierung in der Behindertenhilfe – Trendbericht 2021. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).

14 https://mitas-app.de/banners/prozess.

15 https://ina.coach.

16 https://www.iab-forum.de/mehr-durchblick-dank-datenbrille-wie-virtuellerealitaet-die-berufliche-teilhabe-verbessern-kann/, abgerufen am 13.8.2022.

17 https://reghub-s3.de/: RegHub-S3 – Smart Social Solutions.

18 https://el4.org.

19 Das Projekt – KI.ASSIST (ki-assist.de).

20 Erster Ergebnisbericht: https://www.regh ub-s3.de/wp-content/uploads/Reg-Hub-S3-Ergebnisse-auf-der-Konferenz-21NOW-in-Hagen-1617-Juli-2020.pdf, abgerufen 13.8.2022.

21 https://youtu.be/A_gSaeG2lUk.

22 https://youtu.be/NdY0idoJGfE.

23 https://youtu.be/IAOCpxT8oJk.

24 Blanc, B., Feichtenbeiner, R., Beudt, S., Pinkwart, N. (2021). KI in der beruflichen Rehabilitation – Intelligente Assistenz für Menschen mit Behinderung. In: I. Knappertsbusch, K. Gondlach (Eds.), Arbeitswelt und KI 2030: Herausforderungen und Strategien für die Arbeit von morgen. Springer Gabler, pp 401-410; Bartel, S., Milluks, B. (2021). KI-Assistenzsysteme in der beruflichen Rehabilitation. Die Berufliche Rehabilitation. Zeitschrift zur beruflichen und sozialen Teilhabe, 04, pp. 16 – 25.

25 Feichtenbeiner, R., Stähler, L., Beudt, S. (2022). Ethik, KI und Menschen mit Behinderungen. Ethische Leitlinien und methodische Ansätze für inklusive Künstliche Intelligenz. Ergebnisbericht des Projekts KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.

26 Kähler, M. (2022). Datensouveränität, KI und Menschen mit Behinderungen. Konzepte, Analysen und Maßnahmen. Ergebnisbericht des Projekts KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.

27 Stähler, L. (2022). Akzeptanz, KI-gestützte Assistenztechnologien und Barrierefreiheit. Ein Blick aus Forschung und Praxis. Ergebnisbericht des Projekts KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.

28 Feichtenbeiner, R., Beudt, S. (2022). Transformation, KI und Inklusion. Gestaltungsansätze für die Entwicklung, Einführung und Anwendung KI-gestützter Assistenztechnologien in der beruflichen Rehabilitation und auf dem Arbeitsmarkt. Ergebnisbericht des Projekts KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.

29 Blanc, B., Beudt, S. (2022). Monitoring KI-gestützter Assistenztechnologien für Menschen mit Behinderungen. Stand der Entwicklungen und Trends. Ergebnisbericht des Projekts KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.

30 Siehe u.a. Korn, O., Schmidt, A., Hörz, T. (2013). Augmented Manufacturing: A study with Impaired Persons on Assistive Systems Using In-situ Projection. In: Proceedings of the 6th International Conference on Pervasive Technologies Related to Assistive Environments, pp. 1 – 8; Funk, M., Bächler, A., Bächler, L., Korn, O., Krieger, C., Heidenreich, T., Schmidt, A. (2015). Comparing Projected In-situ Feedback at the Manual Assembly Workplace with Impaired Workers. In: Proceedings of the 8th ACM International Conference on Pervasive Technologies Related to Assistive Environments, pp. 1 – 8; Heinz-Jakobs, M., Große-Coosmann, A., Röcker, C. (2022). Promoting Inclusive Work with Digital Assistance Systems: Experiences of Cognitively Disabled Workers with In-Situ Assembly Support. In: Proceedings of the 2022 IEEE Global Humanitarian Technology Conference (GHTC’22), September 8 – 11, 2022, Santa Clara University, USA.

31 Beudt, S., Blanc, B., Feichtenbeiner, R., Kähler, M. (2020). Critical Reflection of AI Applications for Persons with Disabilities in Vocational Rehabilitation. In: Proceedings of DELFI Workshops 2020, Gesellschaft für Informatik e.V., pp. 136 – 146.

32 Busch, D., Rabe-Rosendahl, C., Kothe, W. (2022). Rechtsfragen von KI-Systemen in der beruflichen Rehabilitation für Menschen mit Schwerbehinderung. Arbeitsschutz-, Teilhabe- und Rehabilitationsrecht. Rechtliche Expertise im Projekt KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.; Borges, G. (2022). Rechtsfragen von KI-Systemen in der beruflichen Rehabilitation für Menschen mit Schwerbehinderung. Datenschutz, Haftung und KI-Regulierung. Rechtliche Expertise im Projekt KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e.V.

33 Blanc, B. & Beudt, S. (2022). Monitoring KI-gestützter Assistenztechnologien für Menschen mit Behinderungen. Stand der Entwicklungen und Trends. Ergebnisbericht des Projekts KI.ASSIST. Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke e. V, Download verfügbar unter https://www.ki-assist.de/projekt/ projektergebnisse.

34 Hilgenböcker, E., Bär, G., Kühnemund, C. (2021). Verstetigung partizipativer Forschung über das Projektende hinaus: Partizipative Qualitätsentwicklung in der kommunalen Gesundheitsförderung. Bundesgesundheitsblatt 64, pp. 207 – 214.

35 Acatech (2015). Innovationspotenziale der Mensch-Maschine-Interaktion. Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, München.

36 Heinz, M., Büttner, S., Röcker, C. (2021). Dynamic Task Allocation based on Individual Abilities – Experiences from Developing and Operating an Inclusive Assembly Line for Workers with and Without Disabilities. Proceedings of the ACM on Human-Computer Interaction, Vol. 5, Issue EICS, June 2021, Article No. 206, pp 1 – 19.

 

Quelle:
Behinderung und Recht (br), Zeiutschrift für Inklusion, Teilhabe und Rehabilitation, Heft 2/2023, S. 45 ff.