RICHARD BOORBERG VERLAG

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18.07.2019

Dr. Ludwig Gramlich, Univ.-Prof. i.R.

Kommunale Unternehmen als Telekommunikationsanbieter

Zur Auslegung von Art. 87f Abs. 2 GG durch das Bundesverwaltungsgericht

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Hat das Bundesverwaltungsgericht, indem es die Klagebefugnis eines kommunalen Unternehmens bejahte, unzulässige Rechtsfortbildung betrieben?

Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat im September 2018 über eine Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur entschieden, die sich insbesondere mit der Art und dem Umfang von Zugangsverpflichtungen eines Telekommunikations-Netzbetreibers zum bundesweiten Festnetz der Deutschen Telekom AG befasste und auch die erstmalig formulierten Voraussetzungen für eine Verweigerung des Zugangs im Nahbereich für rechtmäßig erachtete (N&R 2019, 97 ff. mit Anmerkung von Bafteh und Becher). In einem der Verfahren (6 C 50.16) ging es dabei um die im Folgenden allein vertiefte Frage der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) eines kommunalen (öffentlichen) Unternehmens, deren Bejahung auch im ersten Leitsatz dem Urteil vorangestellt wurde: „Öffentliche oder von der öffentlichen Hand gemischt-wirtschaftliche Unternehmen können andere private Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne des Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG sein, wenn die privatwirtschaftliche Entscheidungsautonomie und die Ausrichtung am Gewinnprinzip gewährleistet ist“.

Diese Feststellung mag als Ergebnis aus kommunalpolitischer und auch aus volkswirtschaftlicher bzw. wirtschaftspolitischer Sicht sehr wohl begrüßenswert sein, weil und wenn das Ergebnis dazu beiträgt, dass hierdurch ein Aus- oder Neubau von (Telekommunikations-)Netzen erweitert und/oder beschleunigt wird, zumal dies der Verbesserung einer Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen im Bundesgebiet diente. Es ist jedoch kritisch zu beleuchten, ob das Resultat methodisch stringent oder zumindest plausibel erzielt worden ist – oder ob hier nicht ein oberstes Bundesgericht die ihm generell durchaus obliegende Aufgabe einer Rechtsfortbildung überdehnt und sich Kompetenzen des (Verfassungs-)Gesetzgebers angemaßt hat, was Verfassungsgrundsätzen wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung zuwiderläuft...[mehr]

Univ.-Prof. i.R. Dr. Ludwig Gramlich
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