RICHARD BOORBERG VERLAG

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24.01.2019

Prof. Thomas Maier

Keine Unternehmereigenschaft und kein Vorsteuerabzug eines kommunalen Kurbetriebes

Aktuelles Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg

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Nach den Körperschaftsteuerrichtlinien (R 4.5 Abs. 7 KStR 2015) stellen Kurbetriebe einer Gemeinde unter den Voraussetzungen der R 4.1 Abs. 2 bis 5 KStR 2015 (u.  a. Vorliegen einer Einrichtung, nachhaltiger Jahresumsatz von über 35.000 €) Betriebe gewerblicher Art dar, und zwar unabhängig davon, ob eine Kurtaxe z. B als öffentlich-rechtliche Abgabe erhoben wird. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 UStG führt somit der Kurbetrieb einer Gemeinde zur Unternehmereigenschaft dieser Gemeinde.

Von der Finanzverwaltung wurde deshalb die Unternehmereigenschaft einer Gemeinde im Zusammenhang mit einem Kurbetrieb nie bestritten. Für diese Auffassung (Bestehen der Unternehmereigenschaft) sprach auch die Tatsache, dass die Kurtaxe nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 2 UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegt. Denn bei einer Nichtunternehmerschaft einer Gemeinde im Zusammenhang mit dem Kurbetrieb wäre diese Regelung überflüssig.

Streitig war in der steuerlichen Praxis jedoch der Umfang des Vorsteuerabzugs im Hinblick auf einen Kurbetrieb. Nach Auffassung der (baden-württembergischen) Finanzverwaltung gehören zum Kurbetrieb als BgA nur die klassischen Kureinrichtungen, wie z. B der Kurpark, die Musikmuschel und das Kneipptretbecken. Insoweit bestehe eine Vorsteuerabzugs-berechtigung. Auch die Vorsteuerbeträge für die Einrichtung und die Unterhaltung eines heilklimatischen Wanderwegs und eines Geocaching können nach Auffassung der Finanzverwaltung gewährt werden. Alle weiteren Aufwendungen würden aber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Das nachfolgend dargestellte Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 18.10.2018 lehnt schon die Unternehmereigenschaft eines Kurbetriebs an sich ab. Es kommt zum Ergebnis, dass im Hinblick auf die Kureinrichtungen überhaupt kein Vorsteuerabzug besteht, auch nicht in dem von der Finanzverwaltung gewährten Umfang.

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.10.2018, 1 K 1458/18

Sachverhalt:

Die Gemeinde G ist ein staatlich anerkannter heilklimatischer Luftkurort. Die Kurverwaltung der G wird seit 1997 kommunalrechtlich als Eigenbetrieb und körperschaftsteuerlich als Betrieb gewerblicher Art (BgA) behandelt.

Die G betreibt u.a. einen Kurpark, ein Kurhaus und sonstige Anlagen und Wege. Diese Einrichtungen waren in den Streitjahren (2009 bis 2012) für jedermann frei zugänglich. Die G erhebt eine Kurtaxe auf der Grundlage von § 4 GemO BW i. V. m. §§ 2, 8 Abs. 2, 42 KAG BW. Sie erklärte in ihren Umsatzsteuererklärungen umsatzsteuerpflichtige Umsätze (Kurtaxe) und Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Das Finanzamt kürzte die Vorsteuerbeträge mit der Begründung, die G sei als Unternehmerin nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt. Zum BgA mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs würde z. B der Kurpark und das Kneipptretbecken gehören. Ein Vorsteuerabzug sei aber u. a. nicht zulässig aus Rechnungen in Zusammenhang mit Loipen, Wander- und sonstigen Sportpfaden und -anlagen außerhalb des Kurparks, Gärtnerei, Bauhof, Hundekotbeutel, Hundestationen, Abfallbehälter und Eventtagen. Für das Kurhaus könne nur ein anteiliger Vorsteuerabzug gewährt werden, soweit eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung der Gaststätte oder eine sonstige steuerpflichtige Endnutzung von Räumen gegen Entgelt vorliege...[mehr]

Prof. Thomas Maier
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