I. Ausgangsfall
Die Gemeinde verbessert die Straße X und zieht Herrn A als Eigentümer eines anliegenden Grundstücks im Jahr 2018 zu einem Straßenbaubeitrag heran. Herr A wendet sich gegen die Heranziehung und macht geltend: Zwar sei die Beitragssatzung nicht zu beanstanden und sei die durchgeführte Baumaßnahme als Verbesserung zu qualifizieren. Doch sei die Beitragsforderung im Zeitpunkt der Heranziehung entweder noch nicht entstanden oder bereits verjährt gewesen. An die verbesserte Straße grenze nämlich ein der Gemeinde gehörendes Grundstück und in einem solchen Fall entstünden die sachlichen Beitragspflichten erst in dem Zeitpunkt, in dem die Gemeinde das Grundstück veräußert oder mit einem Erbbaurecht belastet habe; weder das eine noch das andere treffe bisher zu. Sollte dieser Rechtsansicht nicht zu folgen sein, seien die sachlichen Beitragspflichten nach der ständigen Rechtsprechung u. a. des OVG Münster[1] bereits mit der nach Abschluss der Verbesserungsmaßnahme erfolgten Abnahme 2012 entstanden und sei folglich die geltend gemachte Beitragsforderung im Zeitpunkt der Heranziehung bereits festsetzungsverjährt gewesen.
Die Gemeinde tritt dem Vorbringen des Herrn A entgegen: Die Tatsache, dass ein gemeindeeigenes Grundstück an die ausgebaute Straße angrenze, habe keinen Einfluss auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten als solche, sondern allenfalls auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für gerade dieses Grundstück. Die Beitragsforderung gegenüber Herrn A sei schon deshalb nicht verjährt, weil die sachlichen Beitragspflichten nicht mit der Abnahme, sondern erst mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung bei der Gemeinde entstünden. Die letzte Unternehmerrechnung sei hier unstreitig erst 2016 eingegangen.
II. Gemeindeeigene Grundstücke
1. Die sachliche Beitragspflicht für ein Grundstück, dem durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße ein (wirtschaftlicher) Vorteil vermittelt wird, entsteht – alle sonstigen dafür erforderlichen Voraussetzungen hier vernachlässigt – mit der „endgültigen Herstellung“ (u.a. § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG NRW) bzw. der „Fertigstellung“ (u.a. § 11 Abs. 8 Satz 1 HKAG) der beitragsfähigen Anlage (Einrichtung) oder der „Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme“ (§ 6 Abs. 6 NKAG). Allerdings setzt das Entstehen einer solchen Beitragspflicht – wie das Entstehen jeder Pflicht – überdies und sozusagen vorrangig das Vorhandensein eines (vertraglichen oder gesetzlichen) Schuldverhältnisses voraus, das eine derartige Pflicht zu begründen vermag, d.h. setzt ein Rechtsverhältnis mit dem Inhalt einer entsprechenden Pflicht voraus: Ohne ein solches Schuldverhältnis kann grundsätzlich keine Pflicht im Sinne einer Schuld entstehen. Ein Schuldverhältnis seinerseits ist abhängig von der Existenz von (mindestens) zwei (juristischen oder natürlichen) Personen, nämlich eines Gläubigers und eines Schuldners. Daran fehlt es mit Blick auf ein gemeindeeigenes, nicht mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück, weil für ein solches Grundstück einzig die Gemeinde selbst als Schuldner in Betracht kommen kann. Da jedoch nach einem zivilrechtlichen, auch im Beitragsrecht anerkannten Grundsatz regelmäßig niemand sein eigener Schuldner sein kann, kann in Bezug auf ein derartiges Grundstück ein Rechtsverhältnis mit dem Inhalt einer sachlichen Beitragspflicht in der Regel von vornherein nicht entstehen. Das ändert sich erst, wenn ein solches Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet oder an einen Dritten veräußert wird, d.h. wenn neben die Gemeinde als Beitragsgläubigerin ein Dritter – sei es ein Erbbauberechtigter, sei es ein anderer Grundstückseigentümer – als Beitragsschuldner tritt...[mehr]