RICHARD BOORBERG VERLAG

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16.01.2019

Martin Zeil

Die notwendige Erprobung neuer Mobilitätsdienste

Rechtliche Rahmenbedingungen & aktuelle Hindernisse

pab_map - Fotolia

Die Kommunen stehen bei der Organisation des Verkehrs vor großen Herausforderungen. Staus, Abgase und Parkplatzmangel sind Folgen der fortschreitenden Urbanisierung und des in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch angestiegenen motorisierten Individualverkehrs. Die negativen Effekte hieraus werden immer offensichtlicher und eine Folge sind Fahrverbote, die noch vor einigen Jahren nicht zur Debatte standen. Für die betroffenen Bürger sind Fahrverbote ein Schreckensszenario, denn es fehlt oft an einer tauglichen Alternative zum eigenen Fahrzeug. Zwischen dem klassischen ÖPNV und dem Taxi klafft eine Lücke, die derzeit noch nicht ausreichend attraktiv geschlossen werden kann – allerdings werden gerade eine Reihe innovativer, umweltfreundlicher Mobilitätsdienste entwickelt, die diese Lücke schließen sollen.

Bislang können diese Mobilitätsdienste nur auf der Grundlage von Öffnungs- und Erprobungsklauseln im geltenden Personenbeförderungsrecht genehmigt werden. Der aktuelle Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht eine Novellierung des Personenbeförderungsrechts vor, wenngleich noch keine gesetzgeberischen Initiativen zu erkennen sind. Das ist bedauerlich, denn hier bedarf es dringend der Klarheit, wie solche Angebote künftig ausgestaltet und genehmigt werden können. Obendrein hat nun ein jüngst ergangener Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg (Beschluss vom 20.12.2018, Az.: 5 E 4748/18), der einer im Grunde aussichtslosen Klage eines Taxiunternehmers gegen die Erprobungsgenehmigung eines neuen Mobilitätsdienstes aufschiebende Wirkung zuspricht. Hierdurch kann sich die Erprobung neuer Mobilitätsdienste in Deutschland verzögern, was in mehrfacher Hinsicht dramatisch wäre. Die Erprobungsgenehmigungen werden nur für längstens vier Jahre erteilt und sind kalendarisch festgeschrieben. Jede Verzögerung des Vollzugs der Genehmigung verkürzt den Erprobungszeitraum. Hierdurch wird zugleich der Innovationsstandort Deutschland geschwächt. Können neue Mobilitätsdienste nicht durch innovative deutsche Unternehmen in Deutschland erprobt werden, dürften wieder ausländische Unternehmen die Nase vorn haben, wenn sich die Dienste im Markt etablieren. Zuletzt wären aber auch die Kommunen und ihre Bewohner die Leidtragenden, denn sie müssten weiter auf umweltfreundliche Angebote verzichten, die den Ausstieg aus dem motorisierten Individualverkehr erleichtern und die Luft in den Kommunen verbessern.

I. Neue Mobilitätsdienste

Den neuen Mobilitätsdiensten ist gemeinsam, dass sie nur per App buchbar sind. Die Fahrgäste geben innerhalb der App ihre Start- und Zieladresse an und erhalten vom Mobilitätsanbieter einen Fahrtvorschlag. Teilweise richten die Mobilitätsanbieter konkrete Haltepunkte ein, die in einer App hinterlegt sind (sog. „virtuelle Haltepunkte“), in anderen Fällen erfolgt eine Bedienung von „Haustür zu Haustür“.  Die Fahrgäste akzeptieren, dass das Fahrzeug möglicherweise Umwege fährt um noch andere Fahrgäste, die eine ähnliche Route haben, aufzunehmen (Ridesharing, Ridepooling). Im Unterschied zum Taxi ist kein Herbeiwinken des Fahrzeugs möglich. Als Praxisbeispiele für solche Mobilitätsdienste sind der sog „BerlKönig“ (http://www.berlkönig.de), und die Angebote „CleverShuttle“(http://www.clevershuttle.de)  und „MOIA“ (http://www.moia.io) zu nennen. Alle diese Dienste führen zu signifikanten Umweltvorteilen. Durch die geteilten Fahrten werden die Emissionen des Verkehrs je Personenkilometer gesenkt und der Verkehr in seinem Gesamtaufkommen verringert. Darüber hinaus setzen einige Anbieter ausschließlich Elektroautos ein, was lokale Emissionen erheblich reduziert.

Wichtig ist außerdem zu betonen, dass die genannten Mobilitätsdienste „echte“ Beförderungsunternehmen im Sinne des § 3 Abs. 2 PBefG und nicht ausschließlich Mobilitätsplattformen bzw. Vermittlungsdienste sind. Der Verkehr wird von den Anbietern im eigenen Namen, unter eigener Verantwortung und für eigene Rechnung betrieben. Darin unterscheiden sie sich ganz grundlegend von Taxi-Apps und Vermittlungsplattformen wie beispielsweise UBER. Derlei Plattformen vermitteln lediglich die Option eines Beförderungsauftrags, ihnen fehlt es aber an der Verfügungsgewalt über Fahrzeuge, Einrichtung und Betriebspersonal. Diese klare Abgrenzung ist wichtig, denn insbesondere die Angebote von UBER sind nicht mit dem geltenden Personenbeförderungsrecht vereinbar. Anders verhält es sich hingegen bei der Einordnung der genannten neuen Mobilitätsdienste...[mehr]

Martin Zeil
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