RICHARD BOORBERG VERLAG

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07.12.2020

Verfassungsgerichtshof weist Verfassungsbeschwerde der Stadt Tönisvorst gegen Windenergievorranggebiet im Regionalplan Düsseldorf zurück

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat heute die Kommunalverfassungs­beschwerde der Stadt Tönisvorst gegen den Regionalplan Düsseldorf vom 8. Juni 2018 zurückgewiesen. Die Festlegung eines Vorrang­gebietes für die Nutzung der Windenergie auf dem Gebiet der Stadt Tönisvorst sei verfassungsgemäß.

Mit der Festlegung von Vorranggebieten – hier für die Nutzung der Windenergie – bestimmt der Regionalplan, dass die Errichtung von Windenergieanlagen Vorrang vor anderen möglichen Raumnutzungen (etwa Wohnnutzungen, sonstige gewerbliche Nutzungen, aber auch Erholungszwecke) hat. Solche Nutzungen sind in diesem Gebiet ausgeschlossen, soweit sie mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind. Diese Vorgaben sind sogenannte Ziele der Raumordnung und als solche für die Gemeinden verbindlich.

Die Beschwerdeführerin hatte mit ihrer Kommunalverfassungsbeschwerde geltend gemacht, diese Zielfestlegung verletze die Vorschriften der Landesverfassung über das Recht der gemeindlichen Selbstverwaltung. Die Ausweisung eines Windvorranggebietes auf ihrem Ge­mein­degebiet stelle einen schwerwiegenden und ungerechtfertigten Eingriff in ihre Pla­nungs­hoheit dar. Sie ha­be zur Folge, dass ihr eigene Steuerungs- und Gestaltungs­möglichkeiten für die Ent­wick­­lung des Ge­mein­de­gebietes insbesondere im Hinblick auf die Nutzung von Wind­­­energie genom­men würden. Das Vorranggebiet mache ihr mit ihrem Flächennut­zungs­plan verfolgtes Ausschlusskonzept für den gesamten Außen­bereich zunichte und be­ein­trächtige zu­dem ihre städtebaulichen, auf die Naherholung zielenden Vorstellungen für das unmittelbar angren­­zende Waldgebiet.

Dem ist der Verfassungsgerichtshof nicht gefolgt. In der mündlichen Urteilsbegrün­dung führte die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs Dr. Ricarda Brandts unter anderem aus:

Zwar könne eine Zielfestsetzung in einem Regionalplan einen ungerechtfertigten Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit darstellen. Hier fehle es aber schon an der für einen Eingriff notwendigen nachhaltigen Störung einer konkreten örtlichen Planung oder an einem Zugriff auf wesentliche Teile des Gemeindegebietes. Für das Vor­rang­gebiet selbst stelle der Flächennutzungsplan der Beschwerdeführerin – wie für etwa 2/3 des Stadtgebietes - nur eine Fläche für die Landwirtschaft dar. Eine solche Aus­wei­sung, die lediglich die ohnehin außenbereichstypische landwirtschaftliche Nutzung wiederhole, stelle regelmäßig keine hinreichend konkrete Planung dar. Das gelte auch im vorliegenden Fall. Das angrenzende Wald­gebiet bleibe unangetastet und sein Erho­lungswert werde jedenfalls nicht nach­haltig gestört. Auf ihr mit dem Flächen­nutzungs­plan verfolgtes Ausschlusskonzept, das drei Konzentrationszonen für Wind­ener­gie­an­lagen mit insgesamt etwa 15 ha an einer anderen, weit entfernt liegenden Stelle vorsehe und im Übrigen die Errichtung solcher Anlagen im Stadtgebiet aus­schließen solle, könne die Stadt sich schon nicht berufen. Diese Planung erfülle die in der Recht­spre­chung des Bundesverwaltungsgerichts gestellten Anforderungen offen­sicht­lich nicht. Jedenfalls werde sie aber durch die zusätzliche Öffnung von 13 ha für die Nutzung der Windenergie nicht nachhaltig gestört. Diese Fläche mache nur knapp 0,3 % des Stadtgebietes aus und falle deshalb kaum ins Gewicht.

Selbst wenn man jedoch einen Eingriff in die Planungshoheit der Beschwerdeführerin annähme, wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt. Das überörtliche Interesse, den aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes bereits im Landesplanungsgesetz veran­kerten Ausbau erneuerbarer Energien räumlich zu sichern, rechtfertige die ange­griffene regionalplanerische Festlegung auch in ihren Auswirkungen auf die kom­mu­nale Planungshoheit. Sie beruhe auf einem schlüssigen Gesamtkonzept des Re­gio­nalrats und belaste die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht übermäßig. Das Stadt­ge­biet werde nur etwa halb so stark in Anspruch genommen, wie es im Pla­nungs­raum durchschnittlich der Fall sei. Der Regionalplaner habe die Interessen der Be­schwer­deführerin auch gesehen und hinreichend gewürdigt. Dass er ihren Vorstel­lungen nicht gefolgt sei, begründe deshalb in einer Gesamtbetrachtung keinen Abwägungsfehler des Regionalplans.

Quelle:
Pressemitteilung des VerfGH für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1.12.2020