RICHARD BOORBERG VERLAG

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11.09.2020

Planfeststellungsbeschluss zum 110-kV-Netzausbau Vogtlandring (110-kV-Leitung Falkenstein Markneukirchen) ist rechtswidrig und nicht vollziehbar

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat in einem erstinstanzlichen Klageverfahren festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen, mit dem eine Hochspannungsleitung (110 kV) von Falkenstein zur Leitung Herlasgrün - Markneukirchen bei Gunzen genehmigt worden war, rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf.

Durch die planfestgestellte 110-kV-Leitung sollte im Rahmen des Netzausbaus „Vogtlandring“ die an das Umspannwerk Falkenstein angebundene 110-kV-Leitung mit der Leitung Herlasgrün - Markneukirchen verbunden werden. Dazu sollte eine bestehende, von Falkenstein über Grünbach nach Muldenberg führende 30-kV-Leitung zu einer 110-kV-Leitung „ertüchtigt“ werden, und von Muldenberg bis zum Anschluss an die Leitung Herlasgrün - Markneukirchen bei Gunzen eine 110-kV-Leitung als Erdkabel verlegt werden.

Die Kläger, die Eigentümer eines Grundstücks sind, das von der planfestgestellten Leitung in Anspruch genommen wird, haben u. a. geltend gemacht, dass die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene Variantenprüfung bei der Trassenwahl fehlerhaft sei und der als Freileitung vorgesehene Teil der Leitung als Erdkabel ausgeführt werden müsse. Ferner haben sie sich auf Fehler bei der Prüfung von naturschutzrechtlichen Vorschriften berufen, insbesondere bei der Beurteilung von Beeinträchtigungen von europäischen Schutzgebieten (sog. FFH-Gebiete) und dem Artenschutz.

Der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist dem weitgehend gefolgt. Als rechtsfehlerhaft beanstandet wurde insbesondere, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Variantenprüfung nur den als Erdkabel auszuführenden Teil des planfestgestellten Vorhabens ohne den Freileitungsteil mit einer Alternative verglichen hat, die das Vorhaben als Ganzes umgesetzt hätte. Die Landesdirektion sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Trasse der bestehenden 30-kV-Freileitung als „Bestandstrasse“ für die 110-kV-Leitung zu betrachten sei, so dass eine Prüfung der Ausführung der Leitung als Erdkabel, wie sie § 43h EnWG vorschreibt, fehlerhaft unterblieben sei.

Im Hinblick auf die naturschutzrechtlichen Vorschriften sei die Prüfung auf einer unzureichend ermittelten Grundlage vorgenommen worden. Die Annahmen der Planfeststellungsbehörde, dass Beeinträchtigungen der von der Leitung betroffenen FFH-Gebiete ausgeschlossen werden könnten, und das artenschutzrechtliche Tötungsverbot insbesondere im Hinblick auf den Schwarzstorch nicht verletzt sei, seien nicht nachvollziehbar.

Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgehoben worden, weil der 4. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht ausschließen konnte, dass die festgestellten Mängel mit der Durchführung eines ergänzenden Verfahrens behoben werden können.

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen, mit Gründen versehenen Urteils Beschwerde eingelegt werden.

SächsOVG, Urt. v. 8. September 2020 - 4 C 18/17 –

Quelle:
Pressemitteilung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9.9.2020